Bereich: mitreden

Thema: gefährliche Entwicklungen

Beitrag 4: Die falsche Liebe (Bodo Fiebig8. September 2015)

„Die falsche Liebe“? Was soll denn an der Liebe falsch sein? Da will uns wohl wieder jemand mit längst überholten Moralvorstellungen den Spaß verderben? Aber sehen wir erst einmal genauer hin: Für viele, sehr viele, ist das, was sie „Liebe“ nennen, eine Art „Beziehungsjahrmarkt“ mit Beziehungs-Schaukel, Beziehungs-Karussel und Süßigkeiten-Angebot und am Ende mit einer Beziehungs-(Ab)Schießbude. Es geht dabei im wesentlichen Selbstdarstellung, Selbstbehauptung, Selbstinszenierung auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten und auf der Spielwiese der Beziehungen.

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1 Das Beziehungs-Spiel

Aber vielleicht ist das Bild vom Jahrmarkt und von der „Spielwiese“ gar nicht so treffend. Stellen wir uns besser eine Treppe vor, eine weitläufige Treppenanlage etwa wie die großartige  „Spanische Treppe“ in Rom, mit mehreren Abschnitten und Absätzen, mit zentralen Anstiegen und seitlichen Verläufen, auf der sich Touristen und Einheimische drängen: Aktive und Zuschauer, Laute und Stille, Glänzende und Unauffällige, Starke und Schwache … Nur ist hier, beim Thema „Liebe“ keine steinerne Treppe gemeint, sondern ein Stufensystem der sozialen Rangordnungen, auf dem jeder im Zusammenspiel von Selbsteinschätzung und Fremdbewertung seine Position in der Rangfolge der sozialen Wertungen finden (und, soweit möglich, auch aufwerten) muss.

Allerdings ist hier nicht in erster Linie die Stufenleiter des beruflichen Erfolgs gemeint, sondern das mindestens genau so schwierige und problemgeladene Auf und Ab auf der Stufenleiter des sozialen Erfolgs (zwei Treppen, die sich auch immer wieder mal berühren): Wer sind die Stars der Szene, um die sich alle scharen, um von deren Glanz auch einen Schimmer abzubekommen? Wer sind die Vorzeigetypen und Lautsprecher der verschiedenen Grüppchen und Cliquen, wer die gern gesehenen Mitläufer, wer die gerade noch geduldeten Randfiguren? Wer müsste demnächst damit rechnen, dass man sie (ihn) links liegen lässt, sie gekonnt übersieht, als wären sie gar nicht da? Und wen wird man als nächstes rausbeißen, mit anzüglichem Spott oder offenem Hohn der Verachtung preisgeben vor der Weltöffentlichkeit des Internet?

Jeder gelungene Flirt kann eine Höher-Stufung bedeuten (oder einen Absturz, wenn die Beziehung sichtbar scheitert), Jeder gemeinsame schöne Tag, jede gemeinsame sinnliche Nacht kann ein Schritt sein nach oben auf der Treppe des sozialen Erfolgs, oder auch ein Schritt in die Erniedrigung, wenn der/die Partner/in sich danach demonstrativ für eine/n andere/n entscheidet.

Die Unverbindlichkeit der Beziehungen mag manches leichter machen, oder auch schwerer, weil sie Beständigkeit oder Treue nicht als selbstverständlich voraussetzen kann. Wie viele Teenager (wahrscheinlich sind es Millionen) sehen sich einem unaufhörlichen Beziehungs-Stress ausgesetzt, zerrieben zwischen krampfhafter Selbstinszenierung und hilflosem Ausgeliefert-sein, gefangen im Netz der Beziehungs-Fäden, Fallstricke und Intrigen? Denn es geht ja um einen hohen Einsatz: Es geht um den Erhalt oder den Verlust des eigenen Selbstwertbewusstseins, um Aufwertung oder Abwertung der eigenen Identität (freilich sind da nicht nur Teenager betroffen, sondern auch „ältere Semester“, soweit sie sich selbst noch als Mitspieler im „Beziehungs-Schach“ verstehen).

Je höher man hinaufkommt, desto wahrscheinlicher trifft man auf Menschen, die sich selbst für sehr bedeutend, wichtig, großartig, unwiderstehlich halten (und das manchmal auch von anderen bestätigt bekommen). Unten am Fuß der Treppe verlieren sich die Restbestände der „Loser“, der Resignierten und Abgeschriebenen. Wobei aber (und das kann man nicht laut genug betonen) die Position auf der sozialen Stufenleiter nichts über den Charakter, die Intelligenz, Einsatzbereitschaft und Gefühlsstärke einer Person aussagt. Gerade auf der oberen Rängen finden sich oft sehr hohle Gemüter, eitel, selbstgefällig, unsensibel, manchmal rücksichtslos, vielleicht optisch und erotisch anziehend, vielleicht beeindruckend im Auftreten und in der Selbstdarstellung, aber immer nur sich selbst bewundernd und auf Dauer beziehungsunfähig. 

Sind Selbstverliebtheit und erotische Anziehung schon Liebe? (Siehe das Thema „AHaBaH – das Höchste ist lieben“) Die Frage wollen wir jetzt unbeantwortet lassen, denn es geht hier um mehr: Es geht beim Thema „Die falsche Liebe“ um den Versuch, mit einem verfälschten Begriff von „Liebe“ das auszulöschen, was ursprünglich damit eigentlich gemeint ist und das Menschen zu einem erfüllten Menschsein unbedingt brauchen.

Ja, es geht um die Liebe. Das haben alle erkannt. Der Begriff „Liebe“ ist gesellschaftspolitisch (und auch kirchenpolitisch) fast universell einsetzbar. Man muss seine Vorhaben nur damit begründen, dass man der Liebe Raum schaffen will, dann hat man freie Bahn. Wer will schon gegen die Liebe sein? Und dabei kann man mit dem Schlagwort „Liebe“ fast alles abdecken und rechtfertigen, was immer man erreichen will, auch wenn es die Zerstörung dessen ist, was ein menschenwürdiges Miteinander und Füreinander überhaupt erst möglich macht.

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2 Liebes-Tod

Nein, hier geht es nicht um eine leidenschaftliche Liebe, die, wie bei Romeo und Julia, bis in den (romantisch verklärten) Tod der Liebenden führt. Hier geht es um den mit großen Aufwand durchgeführten Versuch, die Liebe selbst umzubringen.

Stellen wir uns zuächst einmal folgende Frage: Was müssten wir tun, wenn wir den Auftrag hätten, die Berufung der Menschheit, zum Ebenbild der Liebe Gottes zu werden (siehe die Themen „wer bin ich?“ und „sein und sollen“), endgültig zum Scheitern zu bringen und in ihr Gegenteil zu verkehren? (Siehe den Beitrag „Die Berufung des Menschseins“ zum Thema „AHaBaH -das Höchste ist lieben“ ) Nun, zweierlei wäre dazu notwendig:

Erstens: Man müsste den Menschen schleichend und unbemerkt eine Vorstellung von „Liebe“ unterschieben und einimpfen, die genau das Gegenteil dessen beinhaltet, was Gott ursprünglich damit gemeint hat. Und dann (und gleichzeitig) müsste man zweitens die Hirne und Seelen der Menschen vollpumpen mit dem Äußersten an Lieblosigkeit: Menschenverachtung, Betrug, Unterdrückung, Ausbeutung, Gewalt, Hass, Vergewaltigung, Brutalität, Folter, Mord, Krieg – aber das Ganze verpackt als Unterhaltung, als Spiel und Spaß und harmlosen Zeitvertreib. Genau so geschieht es heute – weltweit, auch nicht die entfernteste Insel im Südpazifik bleibt davon verschont.

Das Erste (also die totale Verdrehung dessen, was „Liebe“ meint und sein soll) geschieht zunächst durch eine alles vereinnahmende und überwuchernde Sexualisierung des öffentlichen Lebens. Keine Art von Werbung, ob für Autos oder Waschmittel, für Kaugummi oder Babywindeln kommt heute noch ohne eine erotisch aufreizende Aufmachung aus. „Sex sells“, heißt in lakonischer Kürze die Strategie der Werbefachleute. Aber gerade weil körperliche Schönheit und erotische Ausstrahlung von Menschen zu den kostbarsten Geschenken Gottes gehört, hat ihre Entwürdigung zum billigen Werbeartikel katastrophale Auswirkungen auf die Psyche von Millionen.

Noch bedrängender und folgenschwerer ist die Art und Weise, wie der Begriff „Liebe“ auf den bloßen Vollzug von Sexualität reduziert wird. Natürlich hat Sexualität auch etwas mit Liebe zu tun (oder sollte doch damit zu tun haben!), sie gehört ja zu den  innigsten Beziehungen, die Menschen überhaupt miteinander haben können. Aber wenn man Tag für Tag, Jahr für Jahr gerade jungen Menschen mit allen Mitteln modernster Kommunikationstechnik einhämmert, dass „Liebe“ nichts anderes sei als ein immer wiederkehrender Gefühlsrausch, der ständig sein Gegenüber wechseln muss, um immer neu entfacht zu werden, und der jedes Mal zwanghaft zum Beischlaf führen muss, dann hat man fast schon gewonnenes Spiel (wobei der/die jeweilige „Mitspieler/in“ im Sexgeschehen dann eher als eine Art „Hilfsmittel zur Selbstbefriedigung“ benutzt wird und kaum als Person wahrgenommen wird mit eigenen Wünschen, Erwartungen, Plänen, Hoffnungen …, die weit hinausreichen können über die Rolle als Sexualpartner/in).

Die Erscheinungsformen von Sexualität in der Öffentlichkeit werden gesteuert und manipuliert. Wenn man z. B. die Häufigkeit, mit der das Phänomen Homosexualität in den Medien erscheint, als Maßstab für ihre Bedeutung in der Gesamtgesellschaft nehmen würde, dann müsste man davon ausgehen, dass mindestens die Hälfte der Bevölkerung unseres Landes homosexuell wäre. Dem ist aber nicht so. Hier wird von starken Interessengruppen ein Thema nach vorn gepuscht und in den Mittelpunkt des gesellschaftlichen Interesses geschoben, das zahlenmäßig eigentlich ein Randproblem wäre (siehe auch die Beiträge zum Thema „Das Gender-Konstrukt“). Aber dem will man abhelfen. Zum Beispiel dadurch, dass man Jugendliche (Jungen und Mädchen), die sich in einer unsicheren Entwicklungsphase befinden, die nach ihrer Identität suchen und entsprechende Lebensstile ausprobieren und die dabei auch homoerotische Verhaltensweisen mit einbeziehen, dazu drängt, sich doch endlich zu ihrer Homosexualität zu bekennen und entsprechend zu „outen“ (eine in dieser Situation voreilige und meist falsche Festlegung, die sie aber in der gegenwärtigen gesellschaftlichen Situation kaum jemals mehr loswenden können). Viele Jungen trauen sich gar nicht mehr, eine ganz normale Jungenfreundschaft zu pflegen, weil man sie dann sofort freudig in den Kreis der Homosexellen aufnehmen will.

Seit langem hat man sich daran gewöhnt, auch die widerlichsten und jeder Menschenwürde widersprechenden Abartigkeiten von Sexualität als „Liebe“ zu bezeichnen. Oft werden die Begriffe „Sexualität“ und „Liebe“ gänzlich gleichbedeutend verwendet. Man sagt „Liebe machen“ und meint „einen Geschlechtsakt vollziehen“. Aber ist „Sex“ wirklich immer gleichbedeutend mit „Liebe“? Selbstverständlich nicht, sonst wäre jede Vergewaltigung ein Liebesakt. In den Kriegsgebieten der Gegenwart werden Frauen massenhaft vergewaltigt, weil in den entsprechenden Kulturkreisen eine Frau, die (ob freiwillig oder unter Gewalt) mit einem fremden Mann Sex hatte, entehrt ist, entwertet, ihres Frau-seins und ihrer Menschwürde beraubt. Da wird die Sexualität als Kriegswaffe benutzt! Soll man das etwa auch „Liebe“ nennen?

Aber selbstverständlich gibt sich die Strategie der Sinnentleerung von „Liebe“ durch die totale Sexualisierung aller Beziehungen auch damit noch nicht zufrieden. Jetzt kommt der direkte Frontalangriff auf die gottgewollte Menschlichkeit: Darstellung von Sex als Gewaltakt, Sadismus, Masochismus …, Videosequenzen mit der Darstellung von Vergewaltigung und Misshandlung, die von Minderjährigen unter der Schulbank gesehen und getauscht werden, Internetseiten über Mord und Kannibalismus im Sexrausch, Kinderpornographie mit Aufzeichnungen von sexuellem Missbrauch von Kleinkindern bis zu deren (echter!!) Tötung als letzten „Kick“ sexueller Erregung. Und das alles im Namen von „Liebe“!

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Der zweite Teil der oben genannten „Strategie“ ist genau so wirksam: Gewalt (also aktive und zerstörende Lieblosigkeit) als Unterhaltung. Weltweit sitzen Tausende, Zehntausende, Hunderttausende von Menschen in ihren Büros, Studios und Schreibstuben und haben keine andere Aufgabe, als eine Geschichte zu erfinden, ein Drehbuch zu schreiben, einen Film zu drehen, ein Computer-Spiel zu programmieren, die noch ein bisschen schrecklicher, noch einen Tick grausamer und menschenverachtender sind als die vorausgehenden Folgen der Serie (sonst schaut ja niemand mehr hin und die Werbeeinnahmen gehen verloren!). Schrecken, Angst und Qual als genüssliche Unterhaltung, bluttriefendes Mordspektakel als Kinder-“Spiel“ (Zählen sie mal im Fernsehprogrammheft, wie viele Morde, zum Teil mit sehr brutalen Gewaltszenen, in einer einzigen Woche angeboten werden, und da sind die Angebote im Internet und in Computer-Spielen noch gar nicht dabei). So versucht man, einer ganzen Menschheitsgeneration ihre Menschlichkeit abzutrainieren, und man ist ziemlich erfolgreich dabei.

Die absurdeste Argumentation gegenüber dieser alles überschwemmenden Welle von Gewaltdarstellung und Animation zur Teilhabe an Gewalt (z.B. in Computerspielen) ist die Behauptung, dass gerade Kinder und Jugendliche auf diese Weise ihren Triebstau an innerer Gewaltbereitschaft gefahrlos abreagieren könnten. Welch eine böswillige Verdrehung der Tatsachen! Nein, dies ist die Argumentation derer, die an den Milliardenumsätzen mit Gewalt-Medien irgendwie mitverdienen wollen! In Wahrheit wird die Gewaltbereitschaft hier erst erzeugt und immer neu angeheizt (auch wenn die Disposition dazu vielleicht aus anderen Quellen stammt), und die Hemmschwelle zu eigener Gewaltanwendung wird durch Gewöhnung und Abstumpfung mit jedem „Konsum“ solcher Gewaltdarstellungen weiter herabgesetzt.

Die „falsche Liebe” ist der Frontalangriff einer pervertierten Erscheinungsform des Zeitgeistes auf die gottgewollte Menschlichkeit, deren innerster Wesenskern eine Liebe ist, die von Gott kommt und das Wertvollste des Menschseins ausmacht (siehe den Themenbeitrag „AHaBaH – das Höchste ist lieben”) und die nicht nur die Sexualität, die ja mit dazugehört, sondern das ganze Miteinander und Füreinander von Menschen meint und zur Enfaltung bringt.

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