Die Frage ist: Wie schaffen es die kleinen und großen Diktatoren und Machthaber, die kleinen und großen Ausbeuter und Sklavenhalter der Erde ganze Völker so in ihre Gewalt zu bringen, dass diese (oft mit geradezu rauschhafter Begeisterung) deren Pläne und Gewalttaten unterstützen, obwohl die meisten von ihnen objektiv gesehen nur Nachteile davon haben? Wie können sie Menschen so in Bewegung setzen, dass sie ihrem persönlichen Gewinn an Macht und Reichtum dienen, auch wenn dadurch Millionen von Menschen in Not gestürzt und in die Flucht getrieben werden? Die Mittel dazu sind einfach und erprobt: Das erste dieser Mittel ist selbstverständlich: Teilhabe der „Helfer“ an Macht und Gewinn. Das zweite ist überraschend, aber mindestens ebenso wirkungsvoll: Entzünden und Schüren einer Sucht nach Bestätigung der eigenen Überlegenheit in weiten Teilen der Bevölkerung gegenüber bestimmten Minderheiten oder „Feinden“.
1 Teilhabe der Helfer
Politische, wirtschaftliche und weltanschaulich-religiöse Macht liegen fast immer nur in den Händen von einigen Wenigen (jedenfalls dort, wo die Machtausübung nicht durch allgemein anerkannte demokratische Regeln ausbalanciert ist). Und diese Wenigen achten sorgfältig darauf, dass die große Mehrheit der Menschen davon ferngehalten wird. Allerdings: Die politische und wirtschaftliche Macht dieser Wenigen kann nur dann erhalten und gesteigert werden, wenn sie die große Mehrheit der Menschen auf ihrer Seite und für ihre Pläne zur Verfügung hat. Man muss also den Vielen das Gefühl (und manchmal auch die reale Erfahrung) geben, dass sie, wenn sie die Macht der Mächtigen stützen, selbst Teilhaber werden an der Macht und dass sie, wenn sie den Reichtum der Reichen vermehren, selbst teilhaben an deren wirtschaftlichen Potenz und Gewinn. In Deutschland zur Zeit des „Dritten Reiches“ unter Hitler konnte man diesen Vorgang tausendfach beobachten: Einer, der es in einer freien Gesellschaft nie zu etwas gebracht hatte, wurde nun durch bedingungslosen Gehorsam und eigene Aggressivität „Pateigenosse“, vielleicht sogar „Ortsgruppenleiter“ oder „Gauleiter“, wurde Aufseher in einem KZ mit Macht über Leben und Tod der Häftlinge oder Professor und Lehrstuhlinhaber (und Vorgesetzter der bisher herausragenden Wissenschaftler) an einer Universität. In jedem totalitären System (das gilt für wirtschaftlich-finanzielle oder weltanschaulich-religiöse Systeme genau so wie für politische) gibt es die „Helfer“ und „Helfershelfer“, welche die „Drecksarbeit“ für die Mächtigen und Reichen übernehmen, um selbst ein wenig abzubekommen von der Macht der Mächtigen und den Reichtum der Reichen.
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2 Das Narrativ der Überlegenheit
Freilich: Würden nun diejenigen, die nach mehr Macht und Reichtum streben, solche „Teilhabe an der Macht“ einigermaßen konsequent verwirklichen, müssten sie ihre eigene Macht mit vielen teilen und das würde ihren möglichen Zugewinn an Macht und Reichtum erheblich schmälern. Menschen und Gruppen, die ihre Machtspielräume erweitern wollen, versuchen deshalb, den Vielen in ihrem Volk etwas zu bieten, das sich anfühlt wie Macht und Gewinn, ohne dass die Betroffenen merken, dass sie nur einen billigen Ersatz geboten bekommen. Dieser Macht-Ersatz ist ein Gefühl der Überlegenheit (über andere), das die Realität ihrer Abhängigkeit und Unterwerfung (unter die Macht der Mächtigen) überdeckt.
Dazu braucht man ein „Narrativ“ (eine politisch motivierte „Erzählung“ und Geschichtsdeutung), welche die Geschichte des eigenen Kollektives (des Volkes, der Klasse, der Rasse, der Religionsgemeinschaft …), als eine großartige und heldenhafte Vergangenheit deutet, in der sich dieses Kollektiv als in allen Belangen überlegen erwies, sodass ihm „eigentlich“ die Herrschaft über alle anderen (Völker, der Klassen, der Rassen, der Religionsgemeinschaften …) zustand. Dann aber wäre diese großartige Entwicklung durch die Bosheit der „anderen“, der „Bösen“, der “Feinde“ abgebrochen und ihres Glanzes und der Früchte ihrer Leistungen beraubt worden. Nun aber sei die Zeit gekommen, an diese Geschichte wieder anzuknüpfen und die große Vergangenheit in einer noch größeren Zukunft zu vollenden. (Gegenwärtige Beispiele gibt es genug: Die „Neue Seidenstraße“ knüpft an die Geschichte der chinesischen Großreiche an und strebt nach Weltmacht für die derzeitigen Machthaber, die gegenwärtige Politik Russlands will die Macht der früheren Zarenreiche oder der Sowjetunion wieder herstellen, ausbauen und vollenden, die Politik des Iran will an die groß-persischen Reiche der Vergangenheit anknüpfen und die Machthaber in der Türkei an die große Geschichte des Osmanischen Reiches usw.).
Damit die Motivation aus der Vergangenheit für den Machtgewinn der gegenwärtigen Herrscher gelingen kann, muss man (aus der Sicht der Machthaber) die „Masse“ der Menschen in zwei Gruppen einteilen: Eine Mehrheit, die sich mit den Machthabern (bzw. den nach Macht Strebenden) identifiziert und die sich „überlegen“ fühlen soll und eine Minderheit im Innern (oder „Feinde von außen), die als nicht zugehörig, fremd, minderwertig, böse und schädlich abgestempelt und abgelehnt werden soll ( wie es z. B. mit den Juden in Deutschland zur Zeit des Nationalsozialismus geschah). Dieses Gefühl der Überlegenheit kann sich dabei auf ganz verschiedene Bereiche beziehen: Politische und militärische, wirtschaftliche und finanzielle, kulturelle und intellektuelle, moralische und religiöse … Überlegenheit. Dabei ist nur das Gefühl und Bewusstsein der Überlegenheit entscheidend, nicht eine tatsächlich überlegene Qualität. Ein Beispiel: Der Literaturwissenschaftler Professor Victor Klemperer, der als Jude die Naziherrschaft in Deutschland zwischen 1933 und 1945 überlebte, beschreibt Szenen, die auf geradezu lächerliche Weise zeigen, mit welchem Bewusstsein haushoher kultureller Überlegenheit manche (geistig oft recht minderbemittelte) Nazi-Schergen auf ihn, den „jüdischen Untermenschen“ herabblickten (und entsprechend handelten). Nur auf das Gefühl der Überlegenheit kommt es hier an, die Realität spielt dabei keine Rolle.
Dieses Gefühl der Überlegenheit ist wie eine Droge, die Menschen in einen irrationalen Rauschzustand versetzen kann, in welchem sie zu Taten fähig werden, die sie, wenn der Rausch verflogen ist, selbst kaum mehr für möglich halten. Die Sucht nach immer neuer Bestätigung der eigenen Überlegenheit, die sich fast zwangsläufig in Akten der Herabwürdigung und Unterdrückung anderer äußern muss, zeigt die Hohlheit dieser „Ersatzbefriedigung“.
Am wirkungsvollsten ist das eingeredete Gefühl der Überlegenheit dann, wenn man es einer Gruppe einredet, deren Angehörige sich aktuell als die Verlierer einer Entwicklung empfinden. Man sagt dann: „Eigentlich seid ihr ja die Besseren, Fähigeren, Höheren, denen die Führung und die Macht und der Besitz zusteht, aber die anderen (die Angehörigen der Minderheit und die „Feinde“) die sind schuld daran, dass euch vorenthalten wird, was euch rechtmäßig zusteht.“ Wenn diese Selbstwahrnehmung als „eigentlich“ Überlegene, denen zu Unrecht etwas genommen oder vorenthalten wird, bei einer bestimmten Gruppe angekommen und verinnerlicht ist, kann sie von außen kaum mehr in Frage gestellt oder gar überwunden werden. Als Beispiel kann wieder die Situation in Deutschland zur Zeit der Nazi-Diktatur gelten: Es war ja diese immer wiederholte Phrase, welche die Massen der „Hitler-Bewegung“ zutrieb (vor allem nach der Weltwirtschftskrise 1928): „Ihr seid die edle Herrenrasse, denen Macht Gewinn und Herrschaft zustehen, aber die andern, besonders die Juden, haben euch den Sieg genommen durch den „Dolchstoß“ in den Rücken der kämpfenden Truppe. Sie haben euch mit List und geheimer Verschwörung auch wirtschaftlich und sozial genommen, was euch eigentlich zusteht. Wehrt euch, holt euch zurück, was euch gehört.“
Solche eingeredeten Gefühle als die eigentlich Überlegenen, von aber von den „Bösen“ ihrer Größe und Stärke beraubt wurden, wirken auch in den gegenwärtigen Krisenherden. Wieder nur ein Beispiel:
Wenn man z. B. Menschen, die sich selbst aktuell benachteiligt und zurückgesetzt fühlen (z. B. viele arabische Moslems, die in sehr reichen Ländern wohnen und sich trotzdem als arm und benachteiligt erleben), zuflüstert und ihnen einredet: „Hört doch, es ist alles ganz anders, als ihr es um euch her wahrnehmt, z. B. das mit der Stärke Israels und dem Reichtum und der Überlegenheit der westlichen Welt, und meint, das sei die Wirklichkeit. Nein, nein, in Wahrheit seid ihr die Erwählten und Überlegenen”, so werden sie es gern hören und begierig aufnehmen.
Diesen Effekt kann man noch steigern, wenn man zum Beispiel von den Minaretten herab predigt und lehrt: „Ihr seid die von Allah Erwählten, euch steht die Herrschaft zu über die ganze Erde. Eure Feinde, allen voran Israel und das Judentum und alle Ungläubigen, die haben euch dieses Vorrecht geraubt, sie haben gelogen und betrogen, um euch um das rechtmäßige Erbe zu bringen. Ihre heiligen Schriften haben sie verfälscht, um euch eure gerechte Vorrangstellung abzusprechen. In Wahrheit war schon Adam der erste Moslem, denn die ursprüngliche und natürliche Religion jedes Menschen ist der Islam und nur durch Lüge und Betrug kann es geschehen, dass ein Mensch sich einem anderen Glauben zuneigt. Euch gehören das Heilige Land und Al Quds, die heilige Stadt Jerusalem und alle Verheißungen, die damit verbunden sind. Niemals gab es dort einen jüdischen Staat und einen jüdischen Tempel, das haben sie nur erfunden, um die eigenen Ansprüche zu begründen. Sogar den Holocaust haben sie sich ausgedacht, um Mitleid zu erregen und sich so das Land anzueignen. In Wahrheit seid ihr zur Weltherrschaft berufen, und erst wenn ihr regiert und durch euch das Rechtssystem des Islam, die Scharia, dann wird diese Erde vom „Haus des Krieges” zum „Haus des Islam” und dann wird ewiger Friede sein. Und wenn ihr, die Erwählten und zur Herrschaft berufenen Diener Allahs, euch jetzt noch im Gegensatz zu dieser hohen Berufung und Erwählung arm und unterlegen fühlt, dann ist das die Schuld jener Bösen, die euch unterdrücken und euch wegnehmen wollen, was euch zusteht (nicht etwa die Folge von Korruption und Misswirtschaft der führenden Clans). Darum bekämpft sie bis aufs Blut. Jeder, der als Märtyrer in diesem Kampf stirbt, wird direkt ins Paradies eingehen und großartige Freuden empfangen. Und alles, was ihr jetzt noch an Ungutem und Verderbtem seht und erlebt in der Welt, ist nur Folge davon, dass die Herrschaft des Islam noch nicht vollendet ist. Allah will, dass ihr das ändert durch Anstrengung und Heiligem Krieg und dazu ist jedes Mittel recht“. (Eine gedrängte Zusammenfassung von gegenwärtig tatsächlich geäußerten und immer wiederholten Vorwürfen islamistischer Gruppen gegen Israel und die dekadente, gottlose „westliche Welt”.)
Es gibt (in der arabischen Welt, und nicht nur dort) Mächte und Bewegungen genug, die in einer Radikalisierung der Feindschaft gegen Israel und die „Westliche Welt” ein erfolgversprechendes Mittel sehen, Kräfte zu mobilisieren, die man dann für den eigenen Machtgewinn einsetzen kann. Je höher die Spannung ist zwischen der tatsächlichen, oft sehr unbefriedigenden Lage, in der sich die Mehrheit der Menschen in den islamischen Ländern vorfindet und der Überhöhung der „eigentlichen Erwählung”, die man ihnen zuspricht, um so größer und gewalttätiger sind die Energien, die man freisetzen und für bestimmte politische Ziele nutzen kann. Das ist das Geheimnis des fanatischen Islamismus der Gegenwart.
Bezogen auf die gegenwärtige „Flüchtlingskrise“ wirkt sich das bewusst hochgezüchtete und gesteuerte „Gefühl der Überlegenheit“ doppelt aus: Einmal in den Herkunftsländern, wo z. B. schwerbewaffnete Milizen und selbsternannte „Glaubenskrieger“ als die allein „Rechtgläubigen“ und zum Glaubenskampf berufenen, furchtbare Verbrechen an den „Ungläubigen“ oder „Falschgläubigen“ begehen und so Millionen Menschen in die Flucht treiben (z. B. in Syrien, Afghanistan … ).
Das Gefühl der Überlegenheit wirkt sich aber nicht nur in den Herkunftsländern der Flüchtlinge aus, indem es dort Angehörige der Minderheiten in die Flucht treibt, sondern auch in den Aufnahmeländern. Das scheint zunächst einmal überraschend, ist aber doch erklärbar: In einer Situation, in der auch Angehörige der (politischen, ethnischen, religiösen …) Mehrheit gefährdet sind (z. B. in Bürgerkriegssituationen wie in Syrien, Somalia, Afghanistan …) machen sich zunehmend auch Angehörige der Mehrheit auf die Flucht und: sie nehmen ihr Gefühl der Überlegenheit mit. In den Aufnahmeländern bilden sie dann oft Parallelgesellschaften, in denen sie das Bewusstsein ihrer Erwähltheit und Überlegenheit noch intensiver pflegen als in der Heimat. Das Gegenüber ihrer Ablehnung, dem sie sich überlegen fühlen, ist nun allerdings nicht mehr nur die Minderheit in ihrer eigenen Gesellschaft, sondern auch die Mehrheit der Gesellschaft im Aufnahmeland. Das hat seine Folgen: Während Asylanten, die in ihrer Heimat Angehörige einer verfolgten Minderheit waren, sich in der Regel schnell und ohne Probleme in die neue Umgebung und Gesellschaft integrieren, wird da, wo sich solche Empfindungen der Überlegenheit festgesetzt haben, Integration praktisch unmöglich. Das kann so weit gehen, dass radikale Zirkel von Flüchtlingen im Gastland versuchen, durch terroristische Angriffe ein Klima der Verunsicherung zu erzeugen, weil sie meinen, dazu berufen zu sein, (zumindest langfristig) eine (politische, kulturelle, religiöse …) Vorherrschaft im Gastland (z. B. ein „Kalifat Europa“) erkämpfen und errichten zu müssen.
Als Reaktion auf solche Erscheinungen bilden sich nun auch in den Aufnahmeländern Massenbewegungen einheimischer Unzufriedener (egal ob mit „rechts“- oder „links“-lastiger Ideologie verstärkt) die ein vergleichbares Überlegenheitsgefühl pflegen: „Wir sind doch eigentlich die Herren in diesem Land, wir müssen uns dem Ansturm der Fremden, Kulturlosen, ja Kulturzerstörenden entgegenstemmen.“ Das heißt: Die Gruppe jener Flüchtlinge, die sich schon im Herkunftsland als die „Erwählten“ und „Überlegenen“ empfunden haben, erzeugt fast automatisch ihre Parallele, ihr (fremdenfeindlichen) Spiegelbild im Gastland, in Form von Gruppen, die darauf bestehen, dass alle Flüchtlinge eine potenzielle Gefahr darstellen. Wobei es ja nicht so ist, dass das sogenannte „Abendland“ keine Werte hätte, die zu verteidigen sich lohnen würde. Aber man kann eben nicht die Werte der Humanität, die aus dem jüdisch-christlichen Nährboden der europäischen Geschichte herausgewachsen sind, mit Inhumanität und einem abendländischen Überlegenheitsgefühl verteidigen.
Dabei kann auch hier im Gastland das Gefühl der Überlegenheit gegen fast beliebige Minderheiten ausgerichtet werden: Fremde, Flüchtlinge, kulturell oder religiös Andersartige… oder auch gegen (noch relativ integre) demokratisch gewählte Personen und die entsprechenden Institutionen, die man als „verlogene und korrupte Eliten“ bezeichnet oder gegen eine (noch relativ) freie öffentliche Berichterstattung, die man als „Lügenpresse“ diffamiert.
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3 Die Folgen:
Diese Handlungsweisen und Entwicklungen haben Folgen für einzelne Volksgruppen und Regionen, aber auch für die Menschheit, Weltwirtschaft und Weltpolitik als Ganzes. Manche der Folgen sind unbedacht und ungewollt, andere werden bewusst und zielgerichtet angestrebt. Auf diese gewollten Folgen will ich hier kurz eingehen:
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Destabilisierung der inneren Verfassung und äußeren Beziehungen der Völker
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sowie deren kulturelle und spirituelle Entwurzelung und Einebnung.
3.1 Destabilisierung
Warum sollte es für die politisch und wirtschaftlich Mächtigen (besonders solche, die ihre persönliche Macht ausweiten und festigen wollen) interessant sein, die innere Verfassung und äußeren Beziehungen von Völkern und Staaten zu destabilisieren? Was hätten die denn davon? Ganz einfach: Völker und Staaten mit stabiler innerer Verfassung und stabilen äußeren Beziehungen sind nur schwer wirtschaftlich, politisch, militärisch oder weltanschaulich-kulturell anzugreifen und zu überwältigen. Völker und Staaten dagegen, die in ihrer inneren Verfassung verunsichert sind und in zunehmende Spannungen geraten und die in ihren äußeren Beziehungen mit zunehmenden Konflikten zu kämpfen haben, sind leichte Beute für eine wirtschaftliche und/oder politische, militärische, weltanschauliche-kulturelle Überwältigung. Die seit Jahren andauernde Ukraine-Krise, aber auch manche Vorgänge in anderen Teilen der Welt sind Beispiele für solche gewollte Destabilisierung. Dabei sind militärische Auseinandersetzungen eigentlich nur letztes Mittel. Normalerweise arbeitet solche Destabilisierung vor allem mit den Mitteln subtiler Beeinflussung, mit Lügen und Desinformation, mit Verschwörungstheorien, Verleumdung und Hetze, die mit den modernen Medien auf billigste Weise massenhaft verbreitet werden können, aber auch mit Terrorismus, der eine allgegenwärtige Verunsicherung und Angst bewirken soll und das Gefühl verbreiten soll, dass die gegenwärtige Rechtsordnung seine Bürger nicht zu schützen vermag.
3.2 Kulturelle und spirituelle Einebnung und Entwurzelung
Die schon seit Jahren im Gang befindliche und durch die gegenwärtigen Flüchtlingsströme noch dramatisch gesteigerte ethnische und kulturelle „Durchmischung“ der Weltbevölkerung wird oft als notwendige und friedensfördernde Überwindung von trennenden Barrieren dargestellt und als edle, Grenzen überwindende „Frucht“ der Globalisierung angepriesen. Das ist aber eine mehr oder weniger bewusste Irreführung. In Wirklichkeit strebt diese Entwicklung auf eine Vereinheitlichung, ja Uniformierung der Menschheit zu. Das erscheint auf dem ersten Blick paradox und bedarf einer kurzen Erklärung:
Eine vor allem von politischen Machtinteressen gelenkte Globalisierung möchte nicht (oder zumindest nicht zuerst) eine zentrale Weltregierung einrichten, sondern sie will eine „Neue Weltordnung“ installieren, die für alle Menschen auf allen Kontinenten eine Lebens- und Rechtsordnung verpflichtend macht, die den Machtinteressen und Weltmachtsambitionen bestimmter Gruppierungen dient.
Eine vor allem von wirtschaftlichen und finanziellen Interessen getriebene Globalisierung möchte den überall gleich verfügbaren und überwachbaren „Einheitsmenschen“, der wirtschaftlich überall gleichermaßen nutzbar ist und der als Vereinzelter in der uniformen Masse den Machtansprüchen der Weltkonzerne keinen Widerstand entgegenzusetzen vermag.
Eine vor allem von religiösen bzw. weltanschaulichen Interessen bestimmte Globalisierung möchte ein bestimmtes Glaubens- bzw. Denksystem zur Grundlage eines globalen Herrschaftssystems machen, in dem keine alternativen Glaubensformen und Denkweisen mehr erlaubt sind.
Alle drei hier genannte Globalisierungsbestrebungen haben einen totalitären Anspruch. Sie unterscheiden sich nur dadurch, welche Machtoption (politisch, wirtschaftlich, religiös-weltanschaulich) zunächst im Vordergrund steht, am Ende sind sie immer eins.
Dabei muss Globalisierung nicht in jedem Fall negativ gesehen werden und sie muss keineswegs zwangsläufig auf politische, wirtschaftliche und kulturell-spirituelle Überwältigung und Vereinnahmung hinauslaufen. Es wäre wünschenswert und durchaus möglich, dass die künftige Entwicklung nicht eine Vereinheitlichung unter der Vorherrschaft globaler „Über-Mächte“ hervorbringt, sondern ein geregeltes und zugleich offenes Miteinander freier und gleichberechtigter Politikstile, Wirtschaftsformen, Kulturen und Religionen in versöhnter Verschiedenheit (siehe das Thema „Globalisierung“).
Leider muss man gegenwärtig einen weltweiten Trend, ja ein anwachsendes Bestreben nach politischer, wirtschaftlicher und kulturell-religiöser Hegemonie feststellen. Solche Bestrebungen sind jedoch auf lange Sicht kulturzerstörend und menschenfeindlich. Nicht nur, weil die Kräfte, die diese Durchmischung vorantreiben, machtpolitisch auf Vorherrschaft, wirtschaftlich auf Gewinnmaximierung und geistig auf Beeinflussbarkeit und Vereinnahmung hin motiviert sind, sondern vor allem deshalb, weil ihre bevorzugten Mittel zum Erreichen ihrer Ziele Armut, Hunger, Gewalt und Krieg, Ausbeutung, Entwurzelung, Vertreibung und millionenfache Fluchtbewegungen sind.
Die ethnisch möglichst durchmischte, kulturell möglichst vereinheitlichte und spirituell möglichst entwurzelte Welt-Gesellschaft kann und darf nicht das Ziel der Globalisierung sein (siehe auch das Thema „Globalisierung“). Ganz gleich, ob eine „linke“ sozialistische oder eine „rechte“ nationalistische oder eine marktorientiert liberalistische oder eine aggressiv religiöse bzw. weltanschauliche „Idee“ hinter den Entwicklungen stünde, sie würden in jedem Fall zu einer kulturellen und damit auch geistigen Verarmung der Menschheit führen. Dann würden die Völker der Erde ihre geschichtlich gewachsene ethnische Eigenständigkeit und kulturelle Identität verlieren. Die in den vergangenen Jahrtausenden gewachsene kulturelle und spirituelle Vielfalt der Menschheit ginge unwiederbringlich verloren, bzw. würde sich zum Einheitsbrei einer sich „modern“ dünkenden „Weltkultur“ verdünnen, die in Wirklichkeit gar keine Kultur, sondern nur noch eine globale Konsumveranstaltung oder käufliche Touristenattraktion wäre (wie es z. B. gegenwärtig mit dem christlichen Weihnachtsfest geschieht).
Das Erstebenswerte sind nicht Vermischung, Einebnung und Angleichung der Weltkulturen, sondern eine Weltgemeinschaft, in der jede Kultur gleichermaßen geachtet wird, ja, in der jede Kultur im Miteinander und Austausch ihrer besten und menschlichsten Besonderheiten zur Blüte ihrer Schönheit, Leistungsfähigkeit und Mitmenschlichkeit kommt.
In Europa versuchen seit Jahrzehnten Gruppierungen mit ausgeprägt anti-christlichen und anti-jüdischen Einstellungen (besonders seit der der sogenannten „68er-Bewegung“) das Christentum und das Judentum aus der Mitte der Gesellschaften hinauszudrängen und sie als überholte und gefährliche Fehlentwicklung menschlichen Denkens zu brandmarken. Gleichzeitig versuchen sie, den Islam und die islamische Einwanderung zu missbrauchen, um Europa gesellschaftlich zu destabilisieren, kulturell zu entwurzeln und spirituell zu verunsichern, was einigen radikalen Strömungen im Islam sehr entgegenkommt.
Die eigentlichen Fluchtursachen in der gegenwärtigen Flüchtlingskrise sind nicht Hunger, Unterdrückung und Krieg, sondern Hunger, Unterdrückung und Krieg sind schon die Folgen der eigentlichen Fluchtursachen: Die Machtgier mancher der Mächtigen, die Habgier mancher der Reichen und der Versuch beider, den Einfluss von Kultur und Religion möglichst zurückzudrängen (bzw. sie für die eigenen Zwecke zu missbrauchen), um alle Hindernisse für ihre Vorhaben zu beseitigen. Der gewaltsame Tod von Hunderttausenden und die Flucht von Millionen ist der Preis, den die Menschheit zahlen muss für das Streben nach noch mehr Macht und noch mehr Besitz für einige Wenige.
Diese Hintergründe zeigen unmissverständlich, dass allein wirtschaftliche Bemühungen (so notwendig sie sind!) nicht ausreichen, um die Fluchtursachen zu bekämpfen und dass auch politische Anstrengungen ins Leere laufen, wenn die handelnden Mächte nicht aus den Zwängen ihrer eigenen egoistischen Einstellungen und Ziele herausfinden. Diese Hintergründe zeigen aber auch, dass es einige feste Grundsätze braucht, um in der Krise sinnvoll handeln zu können. Im Beitrag „Grundsätze“ sollen anhand von 10 Thesen solche grundsätzlichen Festlegungen genannt und kurz dargestellt werden.
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© 2015 Bodo Fiebig Die Strategie, Version 2017-10
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