Bereich: A Vision und Konkretion

Thema: Das Jerusalem-Projekt

Beitrag 2: Warum Jerusalem (Bodo Fiebig26. April 2020)

Aber warum ausgerechnet Jerusalem? Jerusalem gilt heute als Zankapfel der Nationen und als Zentrum eines Menschheits-bedrohenden Konflikts. Aber genau da will Gott (und wir werden ihm das nicht ausreden können), entsprechend seinen Verheißungen das Zentrum seiner Friedensarbeit errichten. Es wird geschehen zur Spätzeit der Tage: (…) Und es werden sich aufmachen viele Völker und werden sagen: Kommt und lasst uns hinaufsteigen zum Berg JaHWeHs, zum Hause des Gottes Jakobs, dass er uns unterweise über seine Wege und wir gehen auf seinen Pfaden. Denn Recht-Weisung wird ausgehen von Zion und das Wort JaHWeHs von Jerusalem. Und er wird Recht sprechen zwischen den Nationen und gerecht entscheiden für die Völker. Da werden sie umschmieden ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln. Da wird nicht mehr Volk gegen Volk das Schwert erheben und sie werden nicht mehr lernen, wie man Krieg führt“ (Jes 2, 2-4).

Dort, in Jerusalem, will der Schöpfer von „Himmel und Erde“ (1. Mose 1,1) nicht nur Frieden schaffen, sondern von dort soll Frieden ausgehen für alle Völker. Von dort aus will er die ganze Menschheit zu der einen Friedensgemeinschaft sammeln, für die er sie geschaffen hat. Und das soll auch heute eine zwar nur unvollkommene und vorläufige, aber doch konkrete und erlebbare Vor-Verwirklichung finden.

Die Geschichte des zukünftigen „Himmelreichs” braucht eine irdisch-gegenwärtige Vor-Geschichte auf der Erde. Und die soll (nach dem Willen Gottes!) ihren Ausgangs- und Mittelpunkt in Jerusalem haben. Das ist ist kein weltferner Wunschtraum, sondern das ist ja in der historisch fassbaren Realität der vergangenen Jahrhunderte auch bisher schon so geschehen: Von Jerusalem aus (von der Jerusalemer christlichen Urgemeinde aus, die aus lauter messiasgläubigen Juden bestand) ist der Glaube an den einen Gott, der „Himmel und Erde geschaffen hat” im Laufe von zweitausend Jahren um die Welt gegangen, durch die Ausbreitung der biblischen Offenbarung über alle Kontinente der Erde. Wer hätte denn das damals für möglich gehalten, als eine winzige Gruppe jesusgläubiger Juden (12 unbedeutende Leute aus der Gegend am See Genezareth, von denen einer zum Verräter wurde) anfingen, vom verheißenen „Reich Gottes“ zu reden? Und diese „Vor-Geschichte des Himmelreichs” soll auch heute (und heute mehr denn je) ihre irdisch wahrnehmbare und mitvollziehbare Ausformung bekommen.

Ist es wirklich undenkbar, dass christliche Kirchen und Gruppierungen, vielleicht auch schon zusammen mit Gemeinschaften und Autoritäten jüdischen Glaubens (also alle, deren Glauben und Leben auf biblischem Fundament steht), dass die in Jerusalem eine Art „Spirituelles Zentrum“ auf der Grundlage der biblischen Weisungen einrichten? Und dass von da aus hilfreiche und wegführende und friedensfördernde „Weisung“ (Thora) ausgeht für die Völker und Kulturen dieser Erde?

Ist es wirklich unvorstellbar, dass Juden und Christen gemeinsam für die ungelösten Fragen dieser Welt Antworten suchen, im Rahmen einer über alle Grenzen der Völker und Kulturen vernetzten Gesellschafts- und Friedensdiakonie, die im Wort Gottes begründet ist, hilfreich und wegweisend für das Leben und das Zusammenleben der Menschen in ihren ganz realen Gegebenheiten und Beziehungen?

Und sollte es wirklich unmöglich sein, dass sich biblisch gläubige Menschen, Juden und Christen (vielleicht auch zusammen mit „Menschen guten Willens” aus anderen Religionen und Weltanschauungen) an vielen Orten auf allen Kontinenten der Erde zusammenfinden, um da ganz konkret und praktisch dem Leben zu dienen und das Zusammenleben (den Frieden) unter den Menschen zu fördern?

Sollte die Vorstellung wirklich so völlig abwegig sein, dass sie da (in Zusammenarbeit mit einem spirituellen Zentrum in Jerusalem) Stationen und Knotenpunkte einer weltweit vernetzten Diakonie einrichten, um für die konkreten Probleme der Gegenwart und die Herausforderungen der Zukunft praktisch begehbare Wege zu finden, erfolgversprechende Strategien zu entwickeln und hilfreiche Handlungsmodelle zu erproben, die nicht vor allem vom individuellen oder kollektiven Egoismus motiviert sind? Wege, Strategien und Handlungsweisen, die den Bedürfnissen und Sehnsüchten der Menschen ebenso entsprechen wie den menschenfreundlichen Weisungen Gottes? Eine „Gesellschafts- und Friedensdiakonie“, eingewoben in ein weltweites Netzwerk des Glaubens.

Im Alten und Neuen Testament der Bibel sind die Strukturen, Lebensformen und Arbeitsweisen schon vorgezeichnet, mit deren Hilfe Gott sein „Jerusalem-Projekt“ voranbringen will: Ein spirituelles Zentrum in Jerusalem und ein weltweites Netzwerk biblisch begründeter „Gesellschafts- und Friedensdiakonie” auf allen Kontinenten der Erde. So könnte (in aller menschlichen Schwachheit, Unvollkommenheit und Schuldbelastung) ein zeitgemäßes „Senfkorn des Reiches Gottes”, eine der heutigen Verfassung der Menschheit angemessene Vor-Verwirklichung des „Himmelreichs” auf dieser armen, geschundenen, bedrohten und doch auch so wunderschönen Erde aussehen. Warum sollen ausgerechnet die selbstverständlichsten und notwendigsten Dinge immer als „unrealistisch, naiv und völlig illusorisch“ abgetan werden?

Wer wollte behaupten, es könnten unter den Menschen immer nur der Egoismus und die Habgier, die Entrechtung und die Ausbeutung, die Unterdrückung und die Gewalt zur globalen und „systemrelevanten“ Entfaltung gelangen und nicht auch die Mitmenschlichkeit, die Friedensbereitschaft und die helfende Zuwendung im Miteinander und Füreinander menschlicher Gemeinschaft?

Warum eigentlich sollte es ein unumstößliches Gesetz sein und bleiben, dass nur die Machtgier, die Habsucht und die Selbstverherrlichung im Wortsinn „Welt-bewegend“ und „Zukunfts-gestaltend“ wirken können und nicht auch der bewusste Verzicht auf unbegrenzte Macht und maßlosen Besitz, auf unmäßigen Konsum und übermäßige Selbstverherrlichung?

Die gegenwärtige Tendenz, die Handlungsmuster des Egoismus zu globalisieren (z. B. in den weltweiten Finanz- und Wirtschaftssystemen) und die Handlungsspielräume der Mitmenschlichkeit zu privatisieren führt in der Konsequenz zur Entmenschlichung der Menschheit und ist eine Ursache für den Unfrieden in der Welt. (Z. B. darf ja jeder Einzelne privat für arme Länder spenden soviel er mag, solange das nicht grundsätzlich die  Ausbeutungsstrategien der Konzerne – nicht aller, aber doch vieler –  in Frage stellt). Gott aber will, dass seine Friedensbotschaft alle Menschen erreicht und errettet: „Geht hin in alle Welt und predigt die Frohe Botschaft aller Kreatur“ (die Botschaft vom „Reich Gottes“, in dem alles Menschsein zum Frieden kommen kann, wie im Himmel, so auf Erden“)  (Mk 16,15) …Da sprach Jesus abermals zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch“ (Jo 20,21).

Eine „Gesellschaftsdiakonie“ im Sinne einer Versöhnungs- und Friedensarbeit zwischen Personen und Gruppen, zwischen Ehepartnern und in Familien, zwischen christlichen Glaubensgemeinschaften und kirchlichen Traditionen, zwischen Religionen, Weltanschauungen und Ideologien, zwischen Völkern und Kulturen …, mit einem spirituellen Zentrum in Jerusalem und mit einer Vielfalt von weltweit vernetzten diakonischen Stationen und Initiativen, das wäre eine konkrete Ausgestaltung des „Jerusalem-Projekts“ Gottes in unserer Welt und Zeit.

In den Beiträgen „spirituelles Zentrum“ und „diakonisches Netz“, und dann in den Themen Die „Qualitative Demokratie“, „ Konkrete Visionen“, Die Tore Jerusalems“ und in den „Arbeitsbereichen“ zum Bereich „Vision und Konkretion“ sollen dazu konkrete Vorschläge erarbeitet werden.

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Warum Jerusalem?,  Version 2022-8

c 2020 Bodo Fiebig, herausgegeben im Selbstverlag, alle Rechte sind beim Verfasser.

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