Die geschriebene Geschichte und die erzählten Geschichten der Vergangenheit formen das kollektive Bewusstsein und die gemeinsame Identität der Völker und Kulturen. In allen Völkern gibt es nationale Vorbilder, meist Kriegshelden aus der Vergangenheit. In den Geschichtsbüchern stehen die Namen der Herrscher und die Daten ihrer Schlachten und Siege. An den Kriegern und Siegern der Geschichte orientieren sich das Nationalbewusstsein und der Nationalstolz der Gegenwart. Die Siegesfeiern sind Höhepunkte in der Erinnerungskultur der Völker. Aber sollten wir nicht eher den Frieden feiern und die Friedensstifter? Es ließen sich ja in der Geschichte jeden Volkes und jeder Kultur auch Persönlichkeiten finden, die nicht für den Krieg, sondern für den Frieden Herausragendes geleistet haben, sozusagen Helden des Füreinander statt des Gegeneinander, der Mitmenschlichkeit statt der Unmenschlichkeit. Es wäre ein großer Schritt auf dem Weg zu einer völkerverbindenden Friedensgesinnung, wenn es gelänge, für die verschiedenen Völker diese National- und Kulturgeschichte der Mitmenschlichkeit zu entdecken, sie aufzuarbeiten, darzustellen und den Menschen nahe zu bringen.
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Bodo Fiebig 2020-9