Die drei Themen „Jesus – der Weg“, „Dein Reich komme“, und „Gesetz oder Liebe“ bilden eine Einheit. Im ersten „Jesus – der Weg“ geht es um die Person Jesu, es erzählt Szenen aus dem Leben Jesu und verbindet sie mit entsprechenden Erklärungen. Im zweiten und dritten Thema geht es um die Botschaft Jesu. Das zweite Thema „Dein Reich komme“ versucht, die Reich-Gottes Botschaft Jesu zu verdeutlichen. Im dritten „Gesetz oder Liebe?“ geht es um das Verhältnis von Liebe oder Gesetz, Barmherzigkeit oder Gerechtigkeit in der Predigt und im Handeln Jesu. Dazu gehört selbstverständlich auch das Verhältnis zwischen Altem und Neuen Testament, Judentum und Christentum. Das steht aber hier nicht im Vordergrund (siehe dazu das Thema „Juden und Christen“). Hier geht es um die Auseinandersetzung zwischen Gesetz und Liebe in der innerchristlichen Diskussion.
Gesetz oder Liebe? Die Spannung zwischen diesen beiden Polen hat in der zweitausendjährigen Geschichte der Kirchen das Band, das die Christenheit zusammenhält, fast ständig bis zum äußersten gespannt. Manchmal ist dieses Band gerissen und hat fast explosionsartig Aggressionen unter den christlichen Bruderkirchen freigesetzt, angefangen von kalter Feindschaft über wütende Verfolgung bis hin zum Massenmord an den „anderen“.
Eine der tiefsten Ursachen für diese Ausbrüche von Bruderhass war und ist ein gespaltenes, zweigesichtiges Gottesbild der Christenheit. Während die einen vor allem das ehrfurchtgebietende Angesicht des strengen Königs und Richters kannten, liebten die anderen die milden Züge des barmherzigen Vaters, und beide konnten nicht verstehen und nicht annehmen, dass die jeweils anderen den gleichen Gott vor Augen hatten.
Gesetz oder Liebe, Gerechtigkeit oder Barmherzigkeit, wie soll man das auf einen Nenner bringen? Ist der biblische Gott denn ein Despot, der völlig willkürlich und unberechenbar mal gnädig und mal unerbittlich ist? Wie sollen wir uns die (scheinbare oder wirkliche) Widersprüchlichkeit der biblischen Aussagen erklären?
Wir können nur hier nur menschliche, und das heißt sehr unvollkommene Annäherungen an ein göttliches Geheimnis versuchen. Am besten kann uns das dann gelingen, wenn wir uns möglichst nah an die Worte Jesu in den Evangelien halten. Wer könnte uns besser als er beschreiben, wie das Verhältnis von Gesetz und Liebe, von Barmherzigkeit Gerechtigkeit von Gott her gesehen aussieht, vor allem dort, wo dieses Verhältnis der größten denkbaren Spannung ausgesetzt ist: am Kreuz von Golgatha?
Ich werde mich deshalb dem Spanungsfeld zwischen Liebe und Gesetz anhand von Aussagen Jesu in den Evangelien des Neuen Testaments zu nähern versuchen und hoffe, dort die Klarheit zu finden, die uns die Theologiegeschichte sonst eher verschließt als öffnet.
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© 2013, Bodo Fiebig „Gesetz oder Liebe“ Version 2018-1
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