Bereich: mitgehen

Thema: C Jesus – die Botschaft

Beitrag 7: Auf dem Weg (Bodo Fiebig15. Januar 2018)

Ist unsere Erde (zusammen mit dem Weltall, das sie umgibt) „die Beste aller möglichen Welten“ oder „eine misslungene Schöpfung voller Leid und Tod“ oder „nur ein Produkt zufälliger Entwicklungen, ohne Sinn und Ziel“? Die Bibel gibt auf diese Frage eine überraschende und zugleich herausfordernde Antwort:

Als Gott am sechsten „Tage“ die Erschaffung der Welt abgeschlossen hatte, da heißt es (1.Mose 1, 31): Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut (Lutherübersetzung). Diese Aussage fordert zunächst einmal unseren Widerspruch heraus. Ist diese Welt, in der wir leben, wirklich „sehr gut“? Deckt sich das mit den Erfahrungen unseres alltäglichen Lebens? Herrscht nicht in der Tierwelt ein unerbittlicher „Kampf ums Dasein“, in dem jedes Lebewesen nur überleben kann, wenn es anderes Leben tötet und frisst? Und ist nicht die Menschheitsgeschichte erfüllt von Raub und Betrug, Unrecht und Unterdrückung, Feindschaft und Hass, Kampf und Krieg? Wir nehmen eine schmerzhafte Dissonanz wahr zwischen dem „sehr gut“ des sechsten Schöpfungstages und der Realität unserer Welt. Um diese Dissonanz aufzuspüren oder aufzulösen werden wir einen weiten Weg gehen müssen, der in den folgenden Abschnitten „Siehe, es wird sehr gut“, „Der zweite Teil der Schöpfung“ und „Die Hochzeit“ angedeutet wird.

1 Siehe, es wird sehr gut

Die entscheidende Textstelle in 1. Mose 1, 31 heißt wörtlich: Und Gott besah alles, was er gemacht, und siehe, sehr gut (siehe dazu auch das Thema „Schöpfungsglaube und modernes Weltbild, Beitrag 2 „Die Berufung des Menschseins“). Im hebräischen Urtext fehlt an dieser Stelle etwas, was im Deutschen einer Zeitform des Verbs „sein“ entspricht (also „es war“ oder „es ist“ oder „es wird“ sehr gut). Um in der Übersetzung an dieser Stelle einen sinnvollen deutschen Satz bilden zu können, muss man sich also entscheiden und eine dieser Zeitformen einfügen. Alle mir zur Verfügung stehenden deutschen Übersetzungen fügen ein: Und siehe, es war sehr gut. Das ist die uns vertraute Auslegung. Sie hat als Glaubenshintergrund die Vorstellung von einem paradiesischen Anfangszustand der Schöpfung, die erst später durch den Sündenfall des Menschen verdorben wurde. Dem würde allerdings die Tatsache widersprechen, dass es schon lange vor dem Auftreten der ersten Menschen Tiere gab, die einander jagten und fraßen. Leid und Tod sind also nicht erst durch den „Sündenfall“ des Menschen in eine bis dahin vollkommene und von jedem Schmerz unberührte Welt gekommen (siehe das Thema „gut und böse”, Beitrag „Böses in einer guten Schöpfung?)

Die zweite Möglichkeit „und siehe, es ist sehr gut“ möchten wir, bezogen auf unsere Gegenwart, am liebsten gleich ganz ausschließen. Wir haben das Gegenteil schon zu oft am eigenen Leibe erfahren. Trotzdem hat sie schon auch ihre Berechtigung. Wer vom Plastik- und Elektronik-Zeitalter nicht gänzlich abgestumpft ist, kann etwas wahrnehmen von der unglaublichen Vielfalt des Lebens, von der oft atemberaubenden Schönheit der Natur, von der fantastischen Abstimmung und Verzahnung der verschiedenen Lebensformen und Lebensvorgänge. Aber das alles eben nicht als schattenloses Paradies, sondern als Schönheit und Lebensmut angesichts der Allgegenwart von Vergänglichkeit und Tod.

Bleibt als Drittes: „Und siehe, es wird sehr gut“ als Zukunftsandeutung, als „Aussage auf Hoffnung hin“. Wie sollen wir uns entscheiden? Nun, die beste Entscheidungshilfe für die Auslegung biblischer Texte ist die Bibel selbst. Wovon redet die Bibel: Von einem sehr guten Anfangszustand der Schöpfung, einem sehr guten Ist-Zustand, oder von einem sehr guten Ende und Ziel der Schöpfung?

Weder im „Schöpfungsbericht“ (1. Mose 1.1 bis 2.4) noch in der Erzählung vom Garten Eden (1. Mose 2.8 bis 3.24) wird uns die Schöpfung als vollkommen und „sehr gut“, als eine Welt ohne Leid und ohne Tod dargestellt. Gleichzeitig ist es gänzlich unübersehbare und unstrittige Tatsache, dass es im Alten und im Neuen Testament eine Fülle von Aussagen gibt, die darauf hinweisen, dass Gott für die Schöpfung ein Ziel hat, das auf Befreiung und Erlösung, Freude und Fülle, Vollendung und Herrlichkeit hinausläuft, und das auch die Tierwelt in die „Erlösung“ mit einbezieht (z. B. Jesaja 11, 1+6-9): Und es wird ein Reis hervorgehen aus dem Stamm Isais und ein Zweig aus seiner Wurzel Frucht bringen. (…) Da werden die Wölfe bei den Lämmern wohnen und die Panther bei den Böcken lagern. Ein kleiner Knabe wird Kälber und junge Löwen und Mastvieh miteinander treiben. Kühe und Bären werden zusammen weiden, dass ihre Jungen beieinander liegen, und Löwen werden Stroh fressen wie die Rinder. Und ein Säugling wird spielen am Loch der Otter, und ein entwöhntes Kind wird seine Hand stecken in die Höhle der Natter. Oder Römer 8, 18-23: Denn ich bin überzeugt, dass dieser Zeit Leiden nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll. Denn das ängstliche Harren der Kreatur wartet darauf, dass die Kinder Gottes offenbar werden. Die Schöpfung ist ja unterworfen der Vergänglichkeit – ohne ihren Willen, sondern durch den, der sie unterworfen hat -, doch auf Hoffnung; denn auch die Schöpfung wird frei werden von der Knechtschaft der Vergänglichkeit zu der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes. Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung bis zu diesem Augenblick mit uns seufzt und sich ängstet.

Die ganze Schöpfung, sagt der Apostel, wartet mit Angst und Seufzen darauf, dass die Kinder Gottes offenbar werden. Ja gewiss, wenn die Kinder Gottes, die Menschen, als das offenbar werden, was sie sein sollen, nämlich Bild der Liebe Gottes in der Schöpfung, (siehe das Thema „sein und sollen“) dann kann und wird Gott die Schöpfung vollenden, ja er wird sie so verwandeln, dass sie wie eine „neue Schöpfung“ wird, so dass auch die Kreatur befreit sein wird vom Zwang zum „Kampf ums Dasein“ und vom Fluch der Vergänglichkeit. Dann wird auch die irdisch-materielle Schöpfung uneingeschränkt „Reich Gottes“ sein.

An diesen Bibeltexten wird deutlich, dass das Schöpfungshandeln Gottes noch nicht abgeschlossen ist, sondern auf einen Zustand der Vollkommenheit und des Heils hinzielt, der die ganze Schöpfung erneuert und vollendet und in besonderer Weise auch die Tierwelt mit einbezieht. Voraussetzung aber ist, dass der Mensch seine Bestimmung erfüllt, denn durch ihn soll die Liebe Gottes, d. h. die Kraft, die das Universum geschaffen hat (siehe das Thema „Die Frage nach dem Sinn“), in der Schöpfung wahrnehmbar gegenwärtig sein als Ebenbild und Vergegenwärtigung Gottes. Und nur diese Kraft kann eine Neuschöpfung alles Geschaffenen bewirken, die dessen Ursprungsberufung entspricht.

Damit wir nichts falsch verstehen: Nicht der Mensch soll diese Neuschöpfung bewirken, nicht er soll das Reich Gottes verwirklichen, das wäre ebenso maßlose wie lächerliche Überheblichkeit. Nur Gott selbst kann und wird das tun. Der Mensch aber hat die Aufgabe, die Liebe Gottes so abzubilden, dass sie, die alles fassbare Maß übersteigt, dennoch für menschliches – auch tierisches – Empfinden wahrnehmbar wird, als Vergegenwärtigung des Schöpfers in der Schöpfung, als „Himmel auf Erden“, als unvollkommene Vor-Verwirklichung des vollkommenen Gottesreiches. Und das trotz aller Begrenztheit und Gebrochenheit allen menschlichen Seins und Tuns.

Auch Jesus selbst spricht viel von der Vollendung der Schöpfung im Reich Gottes, die er mit einem Festmahl oder einer Hochzeit vergleicht. Biblische Offenbarung – und das gilt auch für den Schöpfungsbericht – ist immer aus der Perspektive der Erfüllung und Vollendung, also vom Ende her, geschrieben.

Es gibt also gute Gründe für die Auslegung und siehe, es wird sehr gut. Man könnte sich zum bildhaften Vergleich eine Hausfrau vorstellen, die alle Zutaten für eine exquisite Torte zubereitet und zusammengerührt hat, und sie probiert nun ein wenig von dem Teig und sagt zu sich: „Mmm, das wird sehr gut!“ Die Torte ist noch nicht fertig, sie ist noch nicht wie sie sein soll, sie muss ja noch gebacken werden. Und sie wird sich dann beim Backen hoffentlich so entwickeln, dass sie am Ende wirklich köstlich wird. Aber jetzt schon ist alles so vorbereitet, dass sie sehr gut werden kann. Vergleichbar dazu bezieht sich das „sehr gut“ des sechsten Schöpfungstages auf die bis ins Detail vorbereitete, hinsichtlich der „Zutaten“ schon fertiggestellte, aber im Hinblick auf ihr Ziel noch nicht vollendete Schöpfung.

Die entscheidende „Zutat“, dass die Schöpfung wirklich „sehr gut“ werden kann, so, wie Gott es geplant hat, ist der Mensch. Wenn er seine Berufung erfüllt und durch ihn (im Miteinander des Menschseins als liebende Gemeinschaft) der Name Gottes geheiligt wird und sein Wille geschieht, und so sein Reich kommt, dann kann die ganze Schöpfung zu dem sehr guten Ziel gelangen, das Gott für sie vorgesehen hat. Allerdings hätten nicht Jahrtausende vergehen müssen, von der Fertigstellung bis zur Vollendung der Schöpfung. Die Geschichte des Menschengeschlechts ist über weite Strecken eine Versagens- und Schuldgeschichte. Ohne diese Schuldgeschichte hätte der Weg von der Fertigstellung bis zur Vollendung der Schöpfung zeitlich sehr viel kürzer sein können. (siehe das Thema „Zeit und Ewigkeit“).

Die Schöpfungsgeschichte der Bibel reicht von ihrer ersten bis zur letzten Seite, von 1. Mose 1,1 bis Off 22,21. Und die Geschichte der Schöpfung Gottes reicht darüber hinaus von der nachbiblischen Zeit bis in unsere Gegenwart und noch darüber hinaus bis zum Wiederkommen Jesu als Messias und Friedefürst, durch den die ganze Erde „Reich Gottes“ wird.

Der Text 1. Mose 1,1 bis 2,4, den wir normalerweise als „Schöpfungsbericht“ bezeichnen, beschreibt nur den ersten Teil der Schöpfung. Dieser erste Teil der Schöpfung mit der Erschaffung des Universums, des Lebens und des Menschseins, wäre aber völlig sinnlos, wenn er nicht eine Fortsetzung hätte, durch die die ganze Schöpfung doch noch „sehr gut“ werden könnte. Diese Fortsetzung (also der zweite Teil der Schöpfung) liegt nicht in einer fernen Zukunft, sondern er findet jetzt statt, jetzt in unserer Gegenwart und er ist noch nicht abgeschlossen. Es ist jener Teil, in dem das „Reich Gottes”, das schon „mitten unter uns ist”, immer mehr sichtbare und erfahrbare Realität werden und schließlich im Friedensreich des Messias zur Vollendung kommen soll. Dann erst ist die Schöpfung fertig und wirklich „sehr gut“.

Der erste Teil dieses Schöpfungsberichts (1. Mose 1,1 bis 2,4) umfasst die Milliarden von Jahren vom „Urknall“ bis zur Bereitung der Erde als möglicher Entstehungsort des Lebens und dazu die Millionen von Jahren von der ersten Urzelle bis zur Entfaltung des Lebens im Pflanzen und Tierreich und bis zur Herausbildung des Menschen. Wobei der biblische Text nicht eine lückenlose Chronologie aller Entwicklungen bieten will, sondern immer nur die für den Fortgang der Heilsgeschichte Gottes wichtigsten Weichenstellungen herausstellt.

Der zweite Teil der Schöpfung umfasst die Tausende von Jahren von der Erwählung Adams (siehe das Thema „Adam, wer bist du?“) und der Entwicklung des spirituellen Menschseins bis zur Vollendung der Schöpfung im Reich Gottes. Gott ist immer noch dabei, die Schöpfung, die er vor ca. 15 Milliarden Jahren begonnen hat, zu ihrem Ziel zu führen. Dann erst, wenn die ganze Schöpfung Reich Gottes ist, wird sie abgeschlossen und „sehr gut“ sein. Jetzt, in unserer Gegenwart, sind wir noch mitten in diesem Schöpfungsvorgang, dessen Ziel die Vollendung ist. Deshalb können wir auch nicht erwarten, dass die Schöpfung, unsere gegenwärtige natürliche und soziale Umwelt, jetzt schon „sehr gut“ und ohne Makel ist. Was wir aber erwarten können, ist eine Vor-Verwirklichung der Vollendung, in der die wesentlichen und zentralen Verheißungen der vollendeten Schöpfung schon ansatzweise, in aller Vorläufigkeit und Unvollkommenheit im gegenwärtigen Gottesreich real erfahrbar werden als „Hoch-Zeit“ des Lebens (siehe Abschnitt 3 „die Hochzeit“).

2 Der zweite Teil der Schöpfung

Der zweite Teil der Schöpfung beginnt in Eden, einer Landschaft zwischen Euphrat und Tigris (1. Mose 2,8): Und Gott der HERR pflanzte einen Garten in Eden gegen Osten hin und setzte den Menschen hinein, den er gemacht hatte. Nein, Eden war kein sagenhaftes „Nirgendwo“, das sich die Menschen als freundliche Gegenwelt zu ihrer harten und gefährdeten realen Existenz erträumten (1. Mose 2, 10-14): Und es ging aus von Eden ein Strom, den Garten zu bewässern, und teilte sich von da in vier Hauptarme. Der erste heißt Pischon, der fließt um das ganze Land Hawila (…) Der zweite Strom heißt Gihon, der fließt um das ganze Land Kusch. Der dritte Strom heißt Tigris, der fließt östlich von Assyrien. Der vierte Strom ist der Euphrat. „Eden“ wird uns hier ausdrücklich als ein geografisch bestimmbares Land zwischen Euphrat und Tigris vorgestellt. Die Flussnamen Pischon und Gihon bezeichnen wahrscheinlich zwei Seitenarme von Euphrat und/oder Tigris, die heute nicht mehr vorhanden sind oder nicht mehr so heißen und „Hawila“ und „Kusch“ bezeichnen zwei Landschaften in Mesopotamien, die heute anders benannt werden (der Name „Kusch“ für Nubien in Nordafrika ist nur eine zufällige Namensähnlichkeit).

Eden war auch kein schattenloses Paradies, wo Gott schon alle Tränen abgewischt hatte von ihren Augen, und der Tod nicht mehr war, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz mehr war … (Vgl. Off 21,4). Im Bericht vom „Garten Eden“ ist nirgends zu lesen, dass damit eine ursprünglich vollkommene und unverdorbene Schöpfung gemeint war, in der es keinerlei Leid und keinen Tod gab (siehe dazu das Thema „Schöpfungsglaube und modernes Weltbild“). Nachlesen können wir aber, wie Gott dort in Eden mit der Erwählung und Berufung Adams und Evas seinen „zweiten Schöpfungsteil“, den Auf- und Ausbau seiner Königsherrschaft begann, der im Laufe von Jahrtausenden genau dahin führen wird, dass es kein Leid und keinen Tod mehr geben wird und dass so diese Schöpfung vollendet und wirklich „sehr gut“ wird.

Es genügt dem Schöpfer nicht, ein gigantisches, aber stummes, lebloses und sinnloses Universum zu schaffen, wie ein riesiges Feuerwerk, das aufleuchtet, eine Weile in großartigen Farben und Formen brennt und dann verlischt. Gott macht das Universum als „Bühne“ für ein „Spiel der Liebe“. Und wenn dieses Spiel sich entfaltet, will er, der selbst ganz Liebe ist, dadurch im Geschaffenen gegenwärtig sein. Er will sich in seiner Schöpfung ein Gegenüber erwecken, bewegt von der gleichen Urkraft, die das Universum in Gang setzte. Mitten in der materiellen (und damit vergänglichen) Schöpfung soll durch die Verwirklichung von Liebe unvergängliches göttliches Sein entstehen (was biblisch mit dem Wort „Liebe“ gemeint ist, kann hier nicht extra dargestellt werden; siehe dazu das Thema „AHaBaH – das Höchste ist lieben“). Die Schöpfung ist ja erst dann fertig, wenn sie zum Lebensraum der Liebe und das Menschsein zum sichtbaren und erfahrbaren „Bild“ Gottes geworden ist und wenn in ihr der Name Gottes geheiligt wird und sein Wille geschieht.

In Eden beginnt Gott diese „Weltgeschichte der Menschwerdung als Ebenbild Gottes“ (d. h. seine Reich-Gottes-Geschichte) mit einem einzigen Menschen-Paar. Und das Scheitern dieses ersten Anlaufs ist nur die erste Erscheinung einer im Laufe von Jahrtausenden sich immer wiederholenden Abfolge: Erwählung und Beauftragung von Menschen und Gemeinschaften als Vergegenwärtigung der Liebe Gottes in der geschaffenen Welt. Dann sehen wir immer wieder neu das Scheitern der Heilsabsichten Gottes durch die Schuld von Menschen und immer wieder neu den Neuanfang durch die vergebende Liebe und Barmherzigkeit Gottes. Insgesamt aber und trotz allen Scheiterns sehen wir die Geschichte des Menschseins als Schrittfolge und Weg hin zur Vollendung der Schöpfung (siehe das Thema Zwischen Schöpfung und Vollendung).

Den ersten Teil der Schöpfung, wo es um die Erschaffung der Materie, des Lebens und des Menschen ging, hat Gott selbst und allein angestoßen und gestaltet.

Im zweiten Teil der Schöpfung, wo es darum geht, dass das Menschsein zum Ebenbild Gottes wird und die Gemeinschaft des Menschseins zum Reich Gottes und dadurch Gott selbst in der Schöpfung vergegenwärtigt und die Schöpfung vollendet und „sehr gut“, da ist die Mitarbeit und Mitverantwortung des Menschen unbedingt und unersetzlich notwendig. Es ist ja nicht möglich, dass das Menschsein zum Ebenbild der Liebe Gottes wird und menschliche Gemeinschaft zu seinem „Reich“, ohne das Dazutun der Menschen. Alles kann geschaffen werden, die Materie und das Leben und das Menschsein. Aber die Liebe, die kann nicht geschaffen werden, die kann es nur geben als Ausdruck freier und bewusster Hingabe. Sie ist ja das Innerste vom Wesen Gottes selbst, das, was das Gott-Sein Gottes ausmacht, seine „Substanz“ und Identität. Die Schöpfung Gottes kann nur „sehr gut“ werden, wenn die Menschen (das heißt menschliches Miteinander, ja die Gemeinschaft des Menschseins als Ganzes) zum „Ebenbild“ und zur Vergegenwärtigung Gottes in dieser Welt werden, und damit die Schöpfung Reich Gottes.

Dabei ging und geht Gott immer den Weg der Erwählung des Kleinsten als Same für das Wachsen und Werden des Größten. Das begann er zuerst mit einem einzelnen Menschenpaar im Garten Eden. Als das gescheitert war, fing er neu an mit Henoch und seinen Nachkommen. Als auch bei denen „die Bosheit groß geworden war“ (1. Mose 6,5) fing er neu an mit Noah und dessen Familie. Dann erwählte Gott sich Abraham, Isaak und Jakob und deren Sippe, die, in zwölf Stämme aufgeteilt, in Ägypten zu einem Volk heranwuchs. Dann führte er die Heilsgeschichte weiter in seinem ersterwählten Volk Israel durch Mose, David, die Propheten …, schließlich in der alles entscheidenden Zeitenwende durch seinen Sohn und Gesalbten Jesus von Nazareth. Dessen Jüngerschaft (die zunächst aus lauter Juden bestand und später in eine Weltverantwortung hineinwuchs), sollte zum sichtbaren Zeichen der Gottesgegenwart werden (Joh 13, 35: Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt). Bis mit dem Wiederkommen Jesu die Schöpfung als „Reich Gottes” vollendet wird.

Auf dem Weg zur Vollendung der Schöpfung im Reich der Königsherrschaft Gottes, da hat das ganze Gottesvolk Alten und Neuen Testaments miteinander und einander ergänzend die Aufgabe einer doppelten Vergegenwärtigung:

Erstens die Vergegenwärtigung des Jenseitigen im Diesseits, d. h. der Liebe Gottes in der geschaffenen Welt. Die Liebe Gottes, die die Engel im Himmel voller Ehrfurcht und Anbetung schauen, soll im Leben des Gottesvolkes hier auf der Erde andeutungsweise sichtbar gemacht werden vor den Augen der Welt. So wird sein Name geheiligt, so geschieht sein Wille, so kommt sein Reich.

Zweitens die Vergegenwärtigung des Zukünftigen im Heute d. h. die Vor-Verwirklichung des Menschseins der erneuerten und vollendeten Schöpfung mitten in der Vorläufigkeit und Gebrochenheit unserer Zeit. Welch eine Herausforderung für die Gemeinschaft der Kinder Gottes und welch ein Geschenk für die harrende und hungernde Schöpfung: Licht der Welt, Salz der Erde und Stadt auf dem Berge.

Wo das geschieht, da kommt das Reich Gottes wie im Himmel, so auf Erden.

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Bodo Fiebig Das nahe GottesreichVersion 2018-1

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