Bereich: Grundfragen des Lebens

Thema: sein und sollen

Beitrag 6: Der zweite Teil der Schöpfung (Bodo Fiebig6. Januar 2023)

Den ersten Teil der Schöpfung, wo es um die Erschaffung der Materie, des Kosmos und der Erde ging und um die Erschaffung des Lebens und des Menschen, den hat JHWH selbst und allein angestoßen und gestaltet.

Im zweiten Teil der Schöpfung, wo es darum geht,

  • dass das Menschsein zum Ebenbild JHWHes wird
  • und die Gemeinschaft des Menschseins zum Reich JHWHes,
  • und dadurch die Liebe, das innerste „Wesen“ JHWHes, in der Schöpfung vergegen wärtigt,
  • und so die Schöpfung vollendet und „sehr gut“,

da ist die Mitarbeit und Mitverantwortung der Menschen unbedingt und unersetzbar notwendig. Es ist ja nicht möglich, dass das Menschsein zum Ebenbild der Liebe JHWHes wird, ohne sein eigenes Dazutun.

Alles kann geschaffen werden, die Physik des Universums und die Biologie auf der Erde und auch das Menschsein. Aber die Liebe unter den Menschen, die kann nicht „geschaffen” werden, die kann es nur geben als Ausdruck freier und bewusster Hingabe im Miteinander und Füreinander menschlicher Gemeinschaft. Sie ist ja auch das Innerste vom Wesen JHWHes selbst, das, was das Gott-Sein JHWHes ausmacht, sein „Wesen“, seine „Person“, seine „Identität“.

Die Schöpfung JHWHes kann nur dann „sehr gut“ werden, wenn die Menschen (das heißt menschliches Miteinander, ja, in der Zielperspektive der Vollendung, die Gemeinschaft des Menschseins als Ganzes) zum „EbenBild“, also zur anschaubaren und erfahrbaren Vergegenwärtigung JHWHes wird, und damit die ganze Schöpfung Reich JHWHes“.

Dabei geht JHWH immer den Weg der Erwählung des Kleinsten als Same für das Wachsen und Werden des Größten. Das begann er mit Adam und seiner Frau Eva. Als das gescheitert war, fing er neu an mit Henoch und seinen Nachkommen. Als auch bei denen „die Bosheit groß geworden war“ (1. Mose 6,5) fing er wieder neu an mit Noah und dessen Nachkommen.

Dann erwählte JHWH sich Abraham und seine Nachkommen Isaak und Jakob und deren Familie, die in Ägypten zu einem großen Volk heranwuchsen. Dann führte er die Heilsgeschichte weiter in seinem ersterwählten Volk Israel durch Mose, David, die Propheten …, schließlich in der alles entscheidenden Zeitenwende durch seinen Sohn und Gesalbten Jesus von Nazareth. Dessen Jüngerschaft sollte zum sichtbaren Zeichen der Gottesgegenwart und Gottesebenbildlichkeit werden (Joh 13, 35): Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.

Das ganze Gottesvolk Alten und Neuen Testaments, Israel und die Kirche, hat miteinander eine Aufgabe, die Aufgabe einer doppelten Vergegenwärtigung:

Erstens die Vergegenwärtigung des Jenseitigen im Diesseits, des Himmlischen auf der Erde, d. h. die Vergegenwärtigung der Liebe JHWHes in der geschaffenen Welt.

Die Liebe JHWHes, die die Engel im Himmel voller Ehrfurcht und Anbetung schauen, soll im Leben des Gottesvolkes wenigstens andeutungsweise sichtbar und erfahrbar gemacht werden, hier und jetzt vor den Augen der Welt („Wie im Himmel, so auf Erden“, Mt 6, 10).

Zweitens die Vergegenwärtigung des Zukünftigen im Heute, d. h. die Darstellung des Menschseins der vollendeten Schöpfung, wo alles Böse überwunden sein wird, und das mitten in der Vorläufigkeit und Gebrochenheit unserer Gegenwart! „Ich bitte aber nicht allein für sie, sondern auch für die, die durch ihr Wort an mich glauben werden, damit sie alle eins seien. Wie du Vater in mir bist und ich in dir, so sollen auch sie in uns sein …“ (Jo 17, 20-21). Einheit von Vater und Sohn, Gott und Mensch und der Menschen untereinander durch die Liebe, so wird die Vollendung der Schöpfung sein.

Welch eine Herausforderung für die Gemeinschaft der Kinder JHWHes und welch ein Geschenk für die harrende und hungernde Schöpfung: Licht der Welt, Salz der Erde und Stadt auf dem Berge (Mt 5, 13-16). Leuchtzeichen der Liebe mitten in dieser verfinsterten und unbarmherzigen Welt. Auf diese Aufgabe einer doppelten Vergegenwärtigung will ich noch etwas näher eingehen, weil sie mit unseren gegenwärtigen, alltäglichen und konkreten Leben zu tun hat. Siehe den folgenden Beitrag: „Vergegenwärtigung des Himmlischen auf der Erde.“

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