Bereich: Grundfragen des Lebens

Thema: sein und sollen

Beitrag 11: Das Leuchtbild der Gemeinschaft (Bodo Fiebig6. Januar 2023)

Aber vielleicht sieht JHWH doch mehr und viel tiefer, als wir es können? Vielleicht sieht er ein Bild, das unseren Blicken verborgen ist? Vielleicht hat er ein Leuchtbild der Menschlichkeit vor Augen, von dem wir kaum etwas ahnen?

Ich will wieder versuchen, in einem Vergleich anzudeuten, was gemeint sein könnte: Viele haben zu Hause ein bestimmtes Computerprogramm, einen Computer-Weltatlas. Mit diesem Programm kann man sich die Erde als Globus auf den Bildschirm holen. Und zwar in verschiedenen Ansichten: Da kann man in einer Ansicht die Meere und Länder, die Gebirge und Flüsse besonders gut erkennen. In einer anderen Ansicht sieht man vor allem die Städte und Verkehrswege, die Bodenschätze und Industriegebiete. Und dann gibt es da noch eine Nachtansicht des Globus.

Die sieht aus, als ob man vom Weltraum aus auf die Nachtseite der Erde schaut. Da kann man zunächst gar keine Länder und Meere sehen, da sieht man nur einzelne Lichtpunkte. Und diese Punkte sind bei diesem Programm nach dem Energieumsatz angeordnet. Da wo viel Energie eingesetzt wird, also in den großen Städten und Industriegebieten, da sind viele Lichtpunkte, und bei den Meeren und Wüsten und Polargebieten, da ist es ganz dunkel.

Auf den ersten Blick kann man da weiter gar nichts erkennen. Aber wenn man sich diese Nachtansicht der Erde etwas genauer anschaut, dann erkennt man tatsächlich die Kontinente der Erde. Man kann die Küstenlinien erahnen, weil da meistens viele Städte sind und die Leuchtpünktchen dort dicht beieinander liegen und man erkennt die Kältezonen und Wüsten der Erde daran, dass es da fast ganz finster ist.

Vielleicht sieht JHWH, wenn er auf die „Nachtseite” der Erde schaut, auch solche Leuchtpunkte: die Leuchtpunkte vom Energieumsatz der Liebe, wie in dem Bild von den „Lampen“ in unserer Hand (siehe den vorausgehenden Beitrag).

Aber hier meldet sich berechtigte Skepsis: Die Liebe einzelner Menschen kann niemals die kollektive Verfinsterung des Menschseins erhellen. Machen wir uns da nichts vor! Gewiss: Aus der Nähe betrachtet und vor den Augen JHWHes leuchtet schon die kleinste Geste der Mitmenschlichkeit, auch wenn sie von der Dunkelheit und der Kälte dieser Welt immer wieder in Frage gestellt und aufgesogen wird. Aufs Ganze gesehen aber können diese vereinzelten Leuchtzeichen der Liebe die Verfinsterung des Daseins auf dieser Erde nicht durchdringen. Nein, was da sichtbar wird in der Dunkelheit der Welt, das sind nicht einzelne, besonders „heilige“ Menschen, auch ihr Leuchten würde bei weitem nicht ausreichen, denn hier geht es ja um Welt-Verfinsterung, um eine Menschheits-Umnachtung, die mit Dunkel-Wörtern wie „Auschwitz“ oder „Hiroschima“ oder „Folterkeller“ oder „weltweiter Drogen, Waffen und Menschhenhandel” oder „Terrorismus” oder „Weltverfolgungsindex” usw. nur angedeutet werden kann.

Die Verfinsterung der Welt besteht ja im Wesentlichen nicht aus einzelnen Untaten einzelner Menschen, sondern aus Machtsystemen der Bosheit. Die Finsternis in der Geschichte der Menschheit wurde immer da am finstersten, wo sie sich zu einem kollektiven System aus ideologischer Entmenschlichung des Denkens und verbrecherischer Entmenschlichung des Handelns verdichtete.

In Deutschland zur Zeit des Nationalsozialismus (1933 – 1945) gab es so ein Dunkelsystem der Unmenschlichkeit, nämlich das Unterdrückungs- und Vernichtungssystem der „Konzentrationslager“, das schließlich Millionen von Menschen verschlang, als hätte es sie nie gegeben. Da waren eben nicht nur einzelne böse Menschen am Werk (das auch), sondern es war ein mit böser Absicht geplantes und immer weiter ausgebautes System, das daraufhin ausgerichtet war, die Gefangenen, die ja meist keinerlei persönliche „Schuld“ auf sich geladen hatten, zu erniedrigen, zu quälen, ihre Arbeitskraft bis zum äußersten auszubeuten und sie schließlich zu töten.

Man könnte genauso auch die Arbeitslager des GULAG in der Sowjetunion unter Stalin, die „Umerziehungslager” der „Kulturrevolution” unter Mao in China oder als heute aktuelles Beispiel die Straflager des kommunistischen Systems in Nordkorea als Beispiele heranziehen.

Selbstverständlich gibt es solche Systeme unbeschränkter Machtausübung (unbeschränkte Machtausübung neigt immer und zwanghaft zu menschenverachtenden, brutalen, ja mörderischen Vorgehensweisen) auch in den gegenwärtigen Diktaturen. Meist verdichten sie sich in sogenannten „Geheimdiensten“ (Gestapo, Stasi, KGB … und ihre modernen Nachfolger), die alle Handlungsvollmachten haben, ohne selbst an die Gesetze des eigenen Staates gebunden zu sein.

Heute finden wir ein ganz anderes „Dunkelsystem der Menschenverachtung“ vielleicht auch in den hell erleuchteten, glänzenden Börsensälen in den Weltzentren des Geldes, wo an einem einzigen Tag, in einer einzigen Stunde durch weltweite finanzielle Transaktionen über Tausende oder manchmal sogar Millionen von Menschenschicksalen entschieden wird. Wobei ja das Schlimme nicht der Börsenhandel selbst ist, sondern das Denksystem der dort handelnden Menschen, das es ganz selbstverständlich und sinnvoll erscheinen lässt, Milliardenbeträge rund um den Globus zu verschieben und an jeder dieser Verschiebestationen riesige Reichtümer zu verdienen (oder auch mal zu verlieren), ohne nur eine Sekunde daran zu denken, dass alle diese Werte ja irgendwann, irgendwo von Menschen erarbeitet worden sind, und dass jede dieser Transaktionen Millionen von menschlichen Existenzen ermöglichen oder vernichten kann.

Die wirklich bösen Folgen der Finanzkrisen sind ja nicht hier bei uns zu sehen, sondern in den ohnehin schon bitter armen „Entwicklungsländern“, die je nach auf und ab der Märkte vielleicht gar keine Chance auf Besserung mehr haben. Dort wird wirklich und leibhaftig gehungert und gestorben als Folge der unersättlichen Gier nach mehr Reichtum der eh schon sehr Reichen. Und gegen solche Systeme kollektiver Seelenverfinsterung wird auch das Licht der frömmsten Einzelnen nicht anleuchten können.

Was aber könnte es dann sein, was da leuchtet? Nun, nach den Worten Jesu gibt es nur zwei Leuchtkörper, die die Verfinsterung dieser Welt durchbrechen können. Alles andere kann dagegen nicht ankommen.

Erstens sagt Jesus von sich selbst: Ich bin das Licht der Welt (nicht ein Lichtlein unter vielen anderen in der Welt, sondern das Licht der Welt), und das ist nicht nur ein großartig-vollmundiger Ausspruch, sondern das ist in den vergangenen zwanzig Jahrhunderten auf allen Kontinenten dieser Erde erfahrbare Realität geworden: Überall da, wo das Licht des Evangeliums die Herzen und Hirne von Menschen erleuchtet hat, da wurde das Böse in der Welt zumindest an manchen Orten, zeitweise und ansatzweise überwunden.

Und zweitens sagt Jesus zu seinen Jüngern: Ihr seid das Licht der Welt. Diese beiden Lichter sind die einzigen möglichen Leuchtmittel gegen die Verfinsterung dieser Welt. Ja, Jesus ist das Licht der Welt. Er war es damals, als er auf dieser Erde lebte, und er wird es sein, wenn er wiederkommt und diese ganze Welt aus aller Verfinsterung erlöst.

Und heute? Heute gilt vor allem das zweite: Ihr seid das Licht der Welt. „Also doch? Ich, ein Licht der Welt? Also der Gedanke könnte mir schon gefallen“. Aber achten wir genau darauf, was Jesus sagt: Er sagt zu keinem einzelnen seiner Jünger, nicht einmal zu Petrus: Du bist ein Licht der Welt. Er sagt auch nicht: Ihr seid die Lichter der Welt. Also jeder eines, der Eine vielleicht ein bisschen heller, der Andere weniger hell… Er sagt: Ihr (miteinander) seid das Licht der Welt. Das heißt, die Jüngergemeinschaft als Ganzes ist dieses Licht … oder sollte es sein. Die Gemeinde Jesu Christi als Verkörperung seiner Liebe (Paulus sagt, die Kirche Jesu Christi ist sein „Leib“) ist das von JHWH gegebene und eingesetzte Mittel zur Erleuchtung der Welt … wenn sie Liebe untereinander hat.

Nicht nur die Verfinsterung der Welt geschieht vor allem durch kollektive Systeme, auch die Durchlichtung des Menschseins kann nur durch organisch strukturierte und systemisch vernetzte Gemeinschaften geschehen, wenn sie durch die Rückbindung ihres gemeinsamen Lebens an das Wort JHWHes verbunden und gemeinsam durch den Willen JHWHes bewegt sind. Wir haben dafür Begriffe wie „Gemeinschaft der Heiligen“ oder „lebendige Gemeinde“ oder „geistliche Gemeinschaft“. Oder aufs Ganze gesehen: „Leib Christi“ oder „die eine, heilige, katholische (d.h. weltweite und da gehören die Evangelischen genau so dazu) und apostolische (auf die Botschaft der Apostel begründete) Kirche Jesu Christi“ oder „das eine Volk JHWHes aus Juden und Heiden, Israel und die Kirche“.

Wir müssen also das Bild von der „Lampe“, die den Energieumsatz der Liebe anzeigt, noch etwas erweitern und differenzieren: Nur dann, wenn die Liebe in einer in Treue auf Dauer angelegten Beziehung zum Vollzug kommt, kann sie die Leuchtkraft entwickeln, die auch die schwärzeste Finsternis menschlicher Schuld durchdringt. Erst dann, wenn in einer verbindlichen Gemeinschaft von Menschen (ob das zwei Personen in einer Ehe sind oder Hunderte in einer größeren Glaubens- und Lebensgemeinschaft) ein Hin und Her, ein Geben und Vergeben, ein Tragen und Ertragen in Vertrauen und Treue … geschieht, also ein gegenseitiges Austauschen und Verstärken der Liebe, erst dann kann ein Licht entstehen, das die Verfinsterung des Menschseins durchleuchtet: Die Liebesgemeinschaft der Jesusjüngerschaft lässt ein Licht entstehen, das selbst von der finstersten Finsternis in den Dunkelgebieten und Kältezonen des Menschseins, wo Gewalt und Krieg, Verbrechen und Menschenverachtung regieren, nicht ausgelöscht werden kann.

Also das, was kein Einzelner jemals sein kann, nämlich ein Licht, das die Dunkelheit dieser Welt hell macht, das ist der Jüngergemeinschaft als Ganzes zugesprochen. … wenn sie Liebe untereinander hat. Ja, wenn die Jünger und Jüngerinnen Jesu, also alle, die getauft sind und sich nach Jesus Christus „Christen“ nennen, katholisch, evangelisch oder orthodox, kirchlich oder freikirchlich, charismatisch oder traditionell, oder wie auch immer … wenn die – irgendwo an irgendeinem Ort dieser Erde – so miteinander umgehen, dass etwas von der Liebe Christi darin lebendig und sichtbar wird, dann wird die Verfinsterung der Welt jeweils an einer Stelle durchbrochen und erhellt, dann entsteht ein Leuchtpunkt himmlischen Lebens mitten in der Dunkelheit der Erde.

Und wenn das an vielen Orten geschieht, da und dort, größer oder kleiner, dann entsteht mitten in der Verfinsterung dieser Welt, mitten in der „Nachtansicht” dieser Erde, ein weltumspannendes Leuchtmuster der Liebe, und ein Vor-Leuchten der Herrlichkeit im kommenden Reich des Messias. Und das ist die eigentliche Berufung der Jesusjüngerschaft, das ist die zentrale Aufgabe der Gemeinschaft aller Getauften, das ist Sinn und Wesen der einen heiligen, weltweiten und apostolischen Kirche. Dazu ist sie da.

Das Ur-Modell solcher Liebesgemeinschaft ist die Ehe 1. Mose 1, 27 … zum Bilde JHWHes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau und (darauf aufbauend) die Familie. Wenn sich im Miteinander der Geschlechter und Generationen innerhalb der organisch vernetzten Einheit der einen Kirche Jesu Christi, trotz aller menschlichen Fehler und Schwächen, eine Gemeinschaft ausformt, in der das Füreinander in allen Situationen und Belastungen durchgehalten wird und die Freude miteinander und aneinander den Umgang bestimmt, dann entsteht da ein Leuchtzeichen der Gegenwart JHWHes im Miteinander der Menschen.

Als Jesus nach dem höchsten, größten und wichtigsten der „Gebote“ gefragt wird (gemeint ist: Das Wichtigste, das im ganzen „Wort JHWHes“, der Bibel, steht), antwortet er: Mt 22, 37-40 (Luther-Übers.): »Du sollst den Herrn, deinen JHWH, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt« (5. Mose 6,5). Dies ist das höchste und größte Gebot. Das andere aber ist dem gleich: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst« (3. Mose 19,18). In diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten. Das heißt die ganze Offenbarung des Alten und Neuen Testaments „hängt“ an der Verwirklichung der Liebe zu JHWH und zum Mitmenschen.

Darin erfüllen sich Sollen und Sinn des Menschenseins, dass im Menschen das Göttliche zum Vollzug kommt und in dieser Welt vergegenwärtigt wird; dazu ist der Mensch geschaffen (und die ganze übrige Schöpfung, die nötig ist, damit der Mensch existieren kann).

Darin besteht die Vergegenwärtigung JHWHes in der Schöpfung, dass ein Ich da ist, das sich seiner selbst als Individuum bewusst ist, und das sich bewusst an ein Du hingibt und sich ebenso bewusst in eine verbindliche Gemeinschaft einordnet. Das Göttliche im Menschen (oder anders ausgedrückt: das Menschsein als Ebenbild JHWHes) verwirklicht sich als bewusstes Ich-Sein in Liebe zum Du in der Gemeinschaft des Menschseins.

Was wir in den Schreckenssystemen der Hölle in den Konzentrations- und Vernichtungslagern und in den grauenvollen Massakern der sogenannten „Sondereinsatztruppen“ der SS in Osteuropa sehen (oder im Völkermord an den Armeniern in der Türkei Anfang des 20. Jahrhunderts oder in den Schrecken der sibirischen Straflager des GULAG in der Sowjetunion unter Stalin oder in den „Umerziehungslagern” im China unter Mao oder in den Mord-Orgien in Kambodscha zur Zeit der Khmer Rouge, oder in Afrika zur Zeit des großen Abschlachtens zwischen Hutos und Tutsis in Ruanda und Burundi oder in den Schreckenstaten des „Islamistischen Staates” und deren „Gotteskrieger” in unserer Gegenwart, oder in den Ausbeutungsstrategien eines ungerechten Weltwirtschaftssystems oder im gegenwärtigen Vernichtungskrieg Putin-Russlands gegen die Ukraine …), all das ist das Gegenmodell, die Negativfolie zum System der Gott-gewollten Menschlichkeit, das Gegenmodell zum „Reich JHWHes”, das Jesus verkündigt hat und das jetzt und hier – zwar nur modellhaft vorläufig, aber doch echt und gültig verwirklicht werden soll.

Ich sage es jetzt etwas überspitzt (aber vielleicht kann es gerade dadurch den Punkt treffen): Wenn die Kirche Jesu Christi, in allen Ländern dieser Erde und in allen Konfessionen, Formen und Prägungen, in ihrem alltäglichen Miteinander auch nur annähernd, aber ganz konkret so viel Liebe und Güte verwirklichen würde, wie die Gewaltsysteme des Egoismus und der Bosheit auf dieser Erde tagtäglich ganz konkret an Hass und Gewalt verwirklichen, dann wäre es um diese Welt gar nicht so schlecht bestellt und wir wären den Reich JHWHes schon sehr nahe.

Oder anders ausgedrückt: JHWH will die Kirche, gerade auch die Kirche in Deutschland, zu einem Raum der Gemeinschaft gestalten, in dem die Liebe und die Güte mindestens ebenso radikal das Leben bestimmen, wie in den Konzentrations- und Vernichtungslagern der Nazis der Hass und die Bosheit das Leben bestimmt haben. Das wäre die Umkehr, die Buße, die JHWH von unserem Volk (oder wenigsten von den gläubigen Christen in unserem Volk) erwartet.

Und das ist keine blinde Schwärmerei, keine realitätsferne Utopie, so etwas gibt es ja wirklich. Wer bereit ist, aufmerksamer zu schauen und zu hören, wer bereit ist, sich hineinzubegeben in die Gemeinschaft des Gottesvolkes aller christlichen Konfessionen, auch da, wo sie noch sehr bruchstückhaft und unvollkommen ist, der wird erkennen: Ja, es ist möglich, und es hat ja längst schon begonnen, und ist schon im Gange seit zwei Jahrtausenden, klein und in aller menschlichen Schwachheit, nicht überall und nicht zu jeder Zeit in gleicher Intensität und Konsequenz, aber doch echt und wirksam mitten in dieser Welt.

Es hat schon begonnen, vor Jahrhunderten z.B. in den diakonischen Einrichtungen der Kirchen, wo Alte und Behinderte, Kranke und Sterbende, Waisen und Obdachlose aufgenommen und gepflegt wurden. Es ist doch kein Zufall, dass solche Einrichtungen zuerst in christlichen Ländern entstanden und nicht z. B. im Indien des sanften Buddha, im China des klugen Konfuzius oder im Tibet des lächelnden Dalai Lama. Wobei ja nicht bestritten werden soll, dass auch diese und andere Religionen dazu beigetragen haben (und noch immer dazu beitragen) das Miteinander der Menschen menschlicher zu gestalten.

Es hat schon begonnen mit Hilfsorganisationen, die heute in vielen Ländern unter schwierigen und gefährlichen Bedingungen arbeiten vom Roten Kreuz bis Brot für die Welt und Misereor und, und, und. Es hat schon begonnen in Gemeinschaften gelebten Glaubens überall auf der Welt, wo im Miteinander vor JHWH und in Verantwortung füreinander ein neuer Lebensstil verwirklicht wird, ein Lebensstil, bei dem nicht das „Ich” und das Haben-wollen im Vordergrund steht.

Am deutlichsten aber beginnt es da, wo Christen aus verschiedenen Konfessionen, mit verschiedenen Traditionen und (manchmal auch) widersprüchlichen theologischen Ansichten, wo gläubige Jesus-Jünger und Jüngerinnen aus verschiedenen Ländern und Kulturen mit verschiedenen Hautfarben und Sprachen zusammen mit Juden verschiedener Prägung (liberal, traditionell, othodox, ultraorthodox …) sich gegenseitig als Geschwister in dem einen Vaterhaus JHWHes erkennen und annehmen, denn da leuchtet ein heller Schein von JHWH her in die Verfinsterung dieser Welt, da ist ein Stück Himmelreich auf Erden schon verwirklicht.

Es sollte nach dem Willen JHWHes, des Schöpfers dieser Welt, auf dieser Erde nicht nur eine weltumspannende Biosphäre entstehen, eine alle Kontinente und Meere umfassende Lebens-Schicht, die rund um die Erde, von Pol zu Pol und von den Tiefen der Ozeane bis in die Höhen der Atmosphäre reicht, und in der alles Leben wechselseitig voneinander abhängt und aufeinander bezogen ist.

Es sollte auf dieser Erde nicht nur eine alle Völker, Sprachen und Kulturen umfassende Weltsphäre des Geistes entstehen, die in alle Jahrtausende der Menschheitsgeschichte zurückreicht und die sich im Austausch der Gedanken, Bilder und Worte zu einem globalen Gesamtkunstwerk menschlichen Geistes verknüpft und verdichtet.

Es soll auf dieser Erde auch eine die ganze Menschheit umfassende Weltsphäre des Miteinander und Füreinander entstehen, ein Beziehungsgeflecht der Liebe, das alle Völker und Kulturen, alle Sprachen und Rassen, alle Gesellschaftsformen und Lebensgemeinschaften durchdringt, ein weltweites Leuchtmuster der Mitmenschlichkeit, das inmitten der verfinsterten Gegenwart in aller Unvollkommenheit doch schon die Gottgewollte Liebeseinheit der Menschheitsfamilie vorabbildet, ein Weltorganismus der Für-Bitte und des Für-Handelns, ein globaler Blutkreislauf geistlicher und materieller Gaben, durch den das eine und alles überstrahlende Bild der Liebe JHWHes im Menschsein trotz aller menschlichen Schwächen und Brechungen anschaubar und lebendig wird.

Jede Ehe und Familie, jede Gemeinde, jeder Hauskreis, jede Gebetsgruppe, jeder Jugendkreis, jede Lebens- und Arbeitsgemein­schaft …, die in irgendeiner Weise eingebunden sind in die Einheit und Ganzheit der Liebesgemeinschaft des Gottesvolkes auf Erden, soll und kann vor den Augen JHWHes ein Leuchtzeichen sein, das seine Liebe widerspiegelt.

Noch eine wichtige Anmerkung dazu: Ganz gewiss werden auch die Gedanken Worte und Taten der Liebe, von Menschen, die nicht zum Volk JHWHes Alten und Neuen Testaments gehören, sondern anderen Religionen angehören oder gar Atheisten sind, von JHWH wahrgenommen und gewiss werden auch sie in der Schatzkammer seiner Ewigkeit aufbewahrt für die kommende Vollendung, aber die Gottgewollte „Gemeinschaft der Heiligen“ als Leuchtzeichen des zukünftigen Gottesreiches mitten in der Verdunkelung dieser Welt, die kann nur dort entstehen, wo Menschen bewusst und gemeinsam (entsprechend der Bitte Jesu im Vaterunser) „den Namen Gottes (JHWH) heiligen und seinen Willen tun“.

Ich würde gern, und sei es nur für wenige Sekunden, einmal dieses Leuchtmuster der Liebe sehen, das über allen Ländern und Kontinenten liegt, und das JHWH sieht, wenn er auf diese Erde schaut. Ich glaube nämlich, da wäre viel mehr zu sehen, als wir vermuten, sogar an Orten, wo wir es gar nicht gedacht hätten. Freilich, es gäbe wohl auch eine Menge schwarzer Löcher, Kältezonen und Trockenwüsten der Mitmenschlichkeit, wo wir eigentlich viel Licht erwartet hätten.

Das Bild, das durch die Leuchtpunkte der Liebesgemeinschaften der Jünger und Jüngerinnen Jesu entstehen soll, ist das Bild der Liebe JHWHes unter den Menschen, ist die Erfüllung des Urauftrags des Menschseins … und Gott schuf den Menschen (und das Menschsein als Ganzes) zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn.

Wer also sehen will, wie JHWH ist, hat zwei Vor-Bilder als Anschauung zur Verfügung: zum Einen das Leben Jesu, wie es in den Evangelien überliefert ist und zum Andern das Leuchtmuster der Liebe in den Liebesgemeinschaften des Gottesesvolkes (das die Gemeinschaft des Volkes Israel ebenso einschließt wie die neutestamentliche Jesusjüngerschaft aus den Völkern der Welt). Wer mich sieht, sieht den Vater, sagt Jesus (Joh 14, 9).

Wenn aber die weltweite Jesusjüngerschaft wirklich die irdisch-gegenwärtige Verkörperung Jesu ist, sein „Leib” (1. Kor 12, 27: Ihr aber seid der Leib Christi und jeder von euch ein Glied), und wenn sie (bei aller menschlichen Schwäche und Fehlerhaftigkeit) in der Liebe lebt, dann wird das Leuchtmuster des Menschseins zur Verwirklichung des Menschheitsauftrags: Zum anschaubaren Eben-Bild JHWHes. Wir freilich können immer nur einen winzigen Ausschnitt dieses Bildes wahrnehmen. Aber das ist nicht schlimm, denn die Liebe selbst wird ja nicht kleiner, wenn man sie auf viele verteilt. So haben wir bei jeder Erfahrung von Liebe (unabhängig davon, ob wir Gebende oder Empfangende sind) eine direkte und intensive Begegnung mit JHWH selbst.

Dieses weltweite Leuchtmuster der Liebe hat JHWH vor Augen, wenn er auf diese Welt schaut. Nicht nur den augenblicklichen Zustand, sondern auch alle Leuchtphasen durch die ganze Geschichte des Judentums und die ganze Geschichte der Christenheit in den vergangenen Jahrtausenden. Alles, was je in der Geschichte des Gottesvolkes aus Juden und Christen durch die Liebe im Miteinander zum Leuchten gekommen ist, das bleibt, unauslöschlich, unvergänglich. Und die „Pforten der Hölle“ werden das nicht überwältigen, sondern es wird gereinigt und geheiligt, so dass es als „Rohmaterial“ und „Bausstoff“ für die Errichtung des „Himmelreichs auf Erden“ dienen kann.

Wie sich das der Einzelnen und der Gemeinschaften verwirklichen kann, darum geht es im folgenden Beitrag „Allgemeine und persönliche Berufung“.

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