Bereich: Grundfragen des Lebens

Thema: Leben und Tod

Beitrag 4: Menschenleben (Bodo Fiebig9. November 2017)

So wie das Leben mitten in der materiellen Welt eine völlig neue Daseinsform darstellt, welche die Materie niemals „aus sich selbst“ hervorbringen könnte, so stellt das Menschsein inmitten der Vielfalt des Lebens eine völlig neue Daseinsform dar, die wiederum das Leben niemals „aus sich selbst“ hervorbringen kann. So wie das Leben nur existieren kann, wenn zur Materie (und Energie) noch etwas Nichtmaterielles hinzukommt, nämlich eine sinntragende Information (in den DNA), so kann das Wesen „Mensch“ nur dann wahrhaft Mensch sein, wenn zu seiner biologischen Existenz noch etwas Nichtbiologisches hinzukommt (siehe das Thema „Die Frage nach dem Sinn“, Beitrag 4 „Die progressive Weltformel“). Was das ist und was eigentlich das Menschsein des Menschen ausmacht, werden wir noch sehen. Eine rein materielle Betrachtungsweise jedenfalls reicht für die Erklärung des Lebens und erst recht des Menschseins nicht aus. Das Menschenleben braucht, um wirklich menschenwürdig zu sein, neben der biologischen Grundlage (Materie, Energie und Information) eine geistig-kulturelle, eine zwischenmenschlich-soziale und eine ethisch-normative Grundlage. Davon soll im Folgenden die Rede sein.

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1 Die materiell-biologische Grundlage

Trotz aller geistigen Fähigkeiten ist der Mensch zuerst und vor allem Lebewesen, dessen biologische Existenz aus den gleichen materiellen Grundbausteinen zusammengesetzt ist und auf die gleiche Weise funktioniert wie bei jedem anderen Lebewesen auch (siehe den Beitrag 1 „Was ist Leben?“).

Biologisch gesehen ist der Mensch ein Säugetier mit besonders ausgeprägtem und leistungsfähigem Gehirn, von anderen Säugetieren (z. B. einem intelligenten Affen) nur graduell, aber nicht grundsätzlich unterschieden. Dabei ist der Mensch (wie jedes andere Lebewesen auch) kein isoliertes Einzelwesen, sondern Teilhaber am Genpool seiner Art und am Entwicklungsstand des Lebens insgesamt. Kein heute existierendes Lebewesen hätte ohne die ganze Fülle des Lebens in der Biosphäre der Erde und in der Geschichte des Lebens entstehen können und keines wäre ohne sie lebensfähig.

Die Biologie des Menschen ist seine Existenzgrundlage. Es gibt auf dieser Erde keine geistige Existenz ohne materiell-biologische Basis (die „Intelligenz“ eines Computer-Programms ist ja nicht eigenständig, sondern von Menschen „vorgedacht“, und das gilt grundsätzlich auch für „künstliche Intelligenz). Und doch ist das Biologische nicht alles, was das Menschsein ausmacht. Der Mensch ist auch ein geistiges Wesen und seine geistige Existenz ist genau so real und grundlegend wie die biologische. Dabei werden wir sehen, dass die geistige Existenz des Menschen mehr umfasst, als die Funktionen des einzelnen menschlichen Gehirns.

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2 Die geistig-kulturelle Grundlage

Das entscheidend Neue am Menschsein ist nicht einfach nur eine höhere Intelligenz, die wäre ja nur graduell höher, aber nicht etwas prinzipiell Neues. Das wirklich Neue liegt in einer neuen Art von kollektivem Informationspool, der zu dem genetischen Informationspool der biologischen Art hinzukommt. In der Tierwelt sind die Eigenschaften und Fähigkeiten einer Tierart im Genpool dieser Art weitgehend festgelegt. Die Möglichkeiten zum Erwerb individueller Erfahrungen und zur Entwicklung individueller Problembewältigungsstrategien, die über das genetisch festgelegte Instinktverhalten hinausgehen, sind vergleichsweise gering. Noch geringer sind die Möglichkeiten, erworbene individuelle Erfahrungen und Fähigkeiten mitzuteilen und sie so anderen Individuen der eigenen Art zugänglich und nutzbar zu machen. Die Ansätze zur Entwicklung einer „Sprache“ bei Tieren beinhalten im Allgemeinen nur den Ausdruck einer appellativen Mitteilung (Lockruf, Warnung, Aufforderung …).

Der Mensch dagegen hat mit der Sprache ein Kommunikationssystem entwickelt, das die Möglichkeit bietet, eigene Erfahrungen, Problemlösungen und Ideen zu benennen, sie zu bewerten und zu verknüpfen und sie als gedeutete, von den realen Dingen schon weitgehend abstrahierte „innere Wirklichkeit“ anderen mitzuteilen, sie im Austausch abzugleichen und dadurch auf allgemeingültige Stimmigkeit hin zu überprüfen.

Indem der Mensch die Dinge und ihre Eigenschaften und Beziehungen benennt, ordnet er sie ein in sein Vorstellungs- und Denksystem. Es entsteht in ihm ein subjektives Bild von der Welt um ihn. Aber erst wenn nun mehrere Menschen über ihr subjektives Weltbild miteinander kommunizieren, indem sie mit Hilfe der Sprache ihre Erfahrungen austauschen und ihre subjektive Interpretation ähnlicher Erfahrungen miteinander vergleichen, entsteht ein Weltbild von zunehmend transsubjektiver Objektivität. Zumindest bekommt dieses „Weltbild“ eine allgemeine Stimmigkeit innerhalb einer begrenzten Gruppe von Menschen, die in intensivem Erfahrungsaustausch miteinander stehen. Es entsteht eine „Kultur“ (oder Subkultur) mit eigener „Weltanschauung“, die für die Angehörigen einer bestimmten Gruppe von Menschen überzeugend und stimmig ist. Durch die Entwicklung von Verkehrs- und Kommunikationsmitteln, mit denen Menschen und Informationen Länder und Kontinente überqueren, entsteht nach und nach eine „Weltkultur“ mit einem globalen (wenngleich auch differenzierten) Weltbild. Der Aufbau weltweiter elektronischer Kommunikationssysteme und die zunehmende Nutzung des Internet beschleunigen diesen Vorgang.

Dazu kommt, dass die Kommunikationsmöglichkeiten des Menschen nicht nur „horizontal“ auf die Breite der gegenwärtigen Menschheitsfamilie ausgerichtet sind, sondern sie reichen auch „vertikal“ in die Tiefen der Geschichte. Er kann mit Hilfe „konservierter“ (z. B. geschriebener) Sprache sogar mit Menschen geistig in Kontakt treten, die schon längst nicht mehr am Leben sind und auf diese Weise Erfahrungen und Ideen von Angehörigen früherer Generation für sich nutzbar machen. Die Menschheit hat im Laufe von Jahrtausenden neben ihrem biologischen Genpool einen riesigen geistigen Erfahrungs- und Wissens-Pool, neben dem genetischen Erbe eine riesige kulturelle „Erbmasse“ aufgebaut, die das allermeiste ihrer geistigen Leistungen überhaupt erst möglich machen. Gemeint ist dabei nicht eine riesige Anhäufung unverbundener Wissensinhalte, sondern ein in vielen Facetten schillerndes, in allen Sprachen der Welt klingendes „Gesamtkunstwerk“ menschlichen Geistes, in welchem sich alltägliches Erleben und Verstehen mit praktischer Erfahrung, künstlerischem Ausdruck, philosophischer Gedanken-Architektur, wissenschaftlichem Erforschen und Beschreiben, religiöser Sehnsucht und Deutung … von Milliarden verschiedener Individuen durch vielfältige Kommunikation und gegenseitige Beeinflussung zu einem weltumspannenden Ganzen verbinden, das sich ständig verändert und erneuert, als wäre es ein lebendiges Wesen (das „Internet“ kann dabei verstanden werden als ein verkleinertes, auf Inhalte, die auf elektronischem Wege kommunizierbar sind, reduziertes Abbild dieses geistigen „Gesamtkunstwerks“). Es entsteht, verdichtet und verknüpft sich eine die Erde umfassende Weltsphäre des Geistes, die an die Biosphäre der Erde gebunden ist und an das wortmächtige und sprachhandelnde Wesen „Mensch“.

Diese doppelte Informations-Basis aus genetischer Information und kultureller Information hebt den Menschen aus der Reihe seiner tierischen Verwandten heraus. Nicht die höhere Intelligenz ist das eigentlich Besondere am Menschsein, sondern seine Teilhabe an einer überindividuellen und überzeitlichen kulturellen Erbengemeinschaft, seine Teilhabe am geistigen Informationspool der Menschheit. Das gilt grundsätzlich für alle Menschen, für den umfassend gebildeten ebenso, wie für den geistig Behinderten. Keiner von ihnen kann die ganze Fülle der kulturellen Überlieferung erfassen. Entscheidend ist das Mithineingenommen-Sein in die geistige Erbengemeinschaft des Menschseins, unabhängig, wie viel davon der Einzelne selbst realisieren kann.

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3 Die zwischenmenschlich-soziale Grundlage

Die geistig-kulturelle Grundlage des Menschseins entstand nicht im leeren Niemandsland. Ihre Entwicklung war nur möglich im dynamischen Zusammenhang sozialer Gemeinschaften. Nicht nur der Austausch der Erfahrungen und Gedanken ist dazu notwendig, sondern auch ein stabiles Sozialgefüge. Die Entstehung, Ausgestaltung und Weiterentwicklung von Kunst und Kultur, Sprache und Schrift geschah nicht hauptsächlich im privaten Bereich einzelner Individuen, sondern im Sozialgefüge großer Gemeinschaften mit differenzierten Strukturen und Zuständigkeiten, mit Arbeitsteilung und Spezialisierung, mit Wirtschaft und Handel. Beispiele für solche kulturstiftenden Sozialverbände sind die frühen Hochkulturen der Sumerer im Mesopotamien, der Ägypter am Nil, der Harappa-Kultur am Indus oder der frühen Dynastien im Alten China.

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4 Die ethisch-normative Grundlage

Die materielle und die geistige Existenzform des Menschseins, das biologische und das kulturelle „Erbe“ der Menschheit, die Ausdifferenzierung vielfältiger sozialer Strukturen und Beziehungen, das sind alles unverzichtbare Voraussetzungen für wirkliches Menschsein. Sie sind aber auch unverzichtbare Voraussetzung dafür, dass etwas Viertes entstehen kann, das zum Menschsein dann noch fehlt und unbedingt noch dazukommen muss: das Menschsein als ethische Herausforderung.

Der Mensch ist ein Lebewesen, das Lebensformen entwickelt hat, die sich nicht mehr mit den Vorgaben und Verhaltensmustern seiner Instinkte bewältigen lassen (z. B. das Leben im komplexen Gefüge der Zeremonien am kaiserlichen Hof in China zur Zeit der Ming-Dynastie, oder das Leben in der Mönchsgemeinschaft eines mittelalterlichen Klosters, oder das Leben in der Konzernzentrale ei­nes modernen internationalen Unternehmens, oder auch das ganz normale Leben in einer ganz normalen Familie in einer ganz normalen Kleinstadt der Gegenwart). Natürlich spielen auch in solchen Lebensformen instinktgesteuerte Verhaltensmuster eine gewisse Rolle, trotzdem ist es eindeutig und unzweifelhaft: Solche Lebensformen brauchen Verhaltensregeln, die durch die Instinktausstattung des Menschen nicht vorgegeben sind. Die gesellschaftlichen Gegebenheiten, Verhaltensmuster, Rollenerwartungen … menschlicher Gemeinschaft (egal in welcher Kultur und Zeitepoche) sind nicht Ergebnis einer natürlichen, sondern einer kulturellen Entwicklung mit sachlich, sozial und ethisch begründeten Normen. Wobei die ethisch begründeten Normen erst das eigentlich Menschliche im Sozialverband einer Gemeinschaft ausmachen (siehe das Thema „gut und böse“).

Der Mensch hat im Verlauf von Jahrtausenden die Fähigkeit entwickelt, Zusammenhänge zu erkennen, Ursache und Wirkung zu verknüpfen. Er hat darüber hinaus die Fähigkeit entwickelt, die Folgen seines Tuns abzuschätzen, noch ehe er es tut. Er kann in einer bestimmten Situation mehrere Handlungsoptionen gedanklich vorwegnehmen und ihre wahrscheinlichen Auswirkungen vergleichen. Und er kann sich entscheiden, welche dieser Optionen er wählt und verwirklicht und welche nicht. Das aber bedeutet, er hat, ob er das will oder nicht, die Verantwortung für sein Tun und dessen Folgen. Es ist unsinnig, wenn manche Religionskritiker den Religionen vorwerfen, dass sie den Menschen unnötige Schuldgefühle einreden würden. Das mag manchmal auch vorkommen, trifft aber nicht das Wesentliche. Nein, allein schon die Tatsache, dass der Mensch fähig ist, verschiedene Handlungsmöglichkeiten (und deren Folgen) zu unterscheiden und sich dann für die eine und gegen eine andere Möglichkeit zu entscheiden, macht ihn verantwortlich für sein Tun. Dazu braucht es keine Religion. Wer seinen Bruder erschlägt, ist verantwortlich dafür, dass er nun keinen Bruder mehr hat. Das ist zunächst eine sachliche, keine moralische Fest­stellung. Die Religion kann den Menschen nur helfen, Maßstäbe für ihre Entscheidungen zu finden, die dem Menschsein angemessen sind (siehe das Thema „Weltreligionen und biblischer Glaube“ Beitrag 3 „Grundlagen des Glaubens“).

Aber welche Verhaltensweisen sind denn dem Menschsein angemessen, was ist für ihn richtig oder falsch, menschlich oder unmenschlich? Die natürliche Entwicklung des Menschseins kann uns darauf keine Antwort geben, sie folgt dem „Kampf ums Dasein“ und dem Prinzip vom „Fressen-und-Gefressenwerden“ des Lebens. Aber auch die kulturellen Entwicklungen der Menschheit bleiben uns diese Antwort schuldig. Oder sollen wir etwa die Handlungsweisen von technisch, wissenschaftlich und sozial besonders hoch entwickelten Gesellschaften zum Maßstab für Menschlichkeit nehmen? Etwa die Handlungsweisen der SS-Aufseher in den Konzentrations- und Vernichtungslagern des sogenannten „Dritten Reiches“ in Deutschland? Niemand wird bestreiten wollen, dass diese Lager technisch, wissenschaftlich, und vom Aufbau ihrer Sozialstrukturen her ein in ihrer Zeit hochmodernes, hoch differenziertes und hocheffizientes System bildeten. Ebenso das Lagersystem des „Archipel Gulag“ in der Sowjetunion unter Stalin oder das System der „Umerziehungslager“ in China unter Mao Tse-Tung. Als Maßstab für Menschlichkeit aber taugen sie alle, in denen Millionen Menschen zu Tode geschunden wurden, nicht. Woher sollen wir aber dann solche Maßstäbe nehmen?

Ob es den Atheisten unserer Tage gefällt oder nicht: Die Religion, also die Verantwortung des Menschen vor einem Gegenüber, das über dem Menschsein steht, ist die einzige Instanz, die dem Menschsein den Maßstab für eine Menschlichkeit geben kann, die über die eigenen egoistischen Bestrebungen hinausgeht.

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4 Das Menschsein als Existenz in Beziehung

In der Bibel Alten und Neuen Testaments wird das Menschsein gedeutet als eine Beziehungs-Existenz auf Gott hin; und als eine Beziehungs-Existenz auf den Mitmenschen (den „Nächsten“) hin. Erst in diesen Beziehungen kann der Mensch das werden, was er sein soll:

Und Gott schuf den Menschen in seinem Bild, im Bilde Gottes schuf er ihn (1. Mose 1, 27) . Das ist die Grundaussage der Bibel über alles Menschsein: Zunächst und vor allem anderen ist es auf Gott hin angelegt. Der Mensch, wie er von Gott gewollt ist, stellt gegenüber allem Vorangegangenen eine wirkliche Neuschöpfung dar, trotz seiner biologischen Nähe z. B. zu den Säugetieren (siehe auch das Thema „Adam- wer bist du?“). Und dieses „ganz Neue“ ist nicht biologischer Art, sondern besteht in einer besonderen, nur die Menschen betreffenden Berufung. Die Schöpfung „Mensch“ soll „Bild“ sein, das heißt anschaubare Vergegenwärtigung Gottes. Das ist eine Zielangabe, keine Gegenwartsbeschreibung; trotzdem ist dieses Ziel in allem Menschsein schon jetzt als Möglichkeit und Herausforderung gegenwärtig.

Durch das Menschsein soll das Wesen Gottes in der Schöpfung anwesend sein und erfahrbar werden. Der Mensch ist also keine optische Abbildung Gottes (als wäre Gott ein Wesen mit menschenähnlicher Gestalt, mit Armen und Beinen, mit Augen, Mund und Nase …), sondern eine wesentliche. Gott hat keine Leiblichkeit, kein „Aussehen“ nach menschlichen Vorstellungen. Denn das würde ja bedeuten, dass Gott ein Abbild des Menschen wäre (so haben Menschen immer wieder versucht, sich ihre Götter vorzustellen). Es soll aber der Mensch ein Ebenbild Gottes sein, nicht im Aussehen, sondern dem Wesen nach. Gott ist Liebe (1. Joh 4,16), das heißt, sein Wesen ist ein „Für-den-andern-da-sein“ in voraussetzungsloser Annahme, uneingeschränkter Zuwendung, unerschütterlicher Treue und opferbereiter Hingabe. Damit ist alles Wesentliche über Gott ausgesagt. Darin also, im Tun (im Geben und Empfangen) von Liebe, soll der Mensch ein Abbild Gottes werden.

Die alles umfassende Grundlage des Menschseins (die seine natürlich-biologische, seine geistig-kulturelle, seine zwischenmenschlich-soziale und seine ethisch-normative Existenz erst zur Ganzheit wahren Menschseins verbindet) besteht in einer Beziehungsexistenz, die zur Verwirklichung von Liebe geschaffen ist. Jesus selbst bestätigt das im Neuen Testament ausdrücklich und belegt das mit zwei Zitaten aus dem sogenannten „Alten Testament“ (Mt 22, 35-40): Und einer von ihnen, ein Schriftgelehrter, versuchte ihn und fragte: Meister, welches ist das höchste Gebot im Gesetz? Jesus aber antwortete ihm: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt« (5. Mose 6,5). Dies ist das höchste und größte Gebot. Das andere aber ist dem gleich: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst« (3. Mose 19,18). In diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.

Nur so kann das Menschsein zu dem werden, was es sein soll: Abbild und Vergegenwärtigung der Liebe Gottes in einer scheinbar lieblosen und gottlosen Welt. Diese Beziehungs-Grundlage menschlicher Existenz ist für das Menschsein konstitutiv und schließt seine materiell-biologische, seine geistig-kulturelle, zwischenmenschlich-soziale und seine ethisch-normative Existenz mit ein.

Es sollte auf dieser Erde nicht nur eine weltumspannende Biosphäre entstehen, eine alle Kontinente und Meere umfassende Lebens-Schicht, die rund um die Erde, von Pol zu Pol und von den Tiefen der Ozeane bis in die Höhen der Atmosphäre reicht, und in der alles Leben wechselseitig voneinander abhängt und aufeinander bezogen ist …

Es sollte auf dieser Erde nicht nur eine alle Völker, Sprachen und Kulturen umfassende Weltsphäre des Geistes entstehen, die in alle Jahrtausende der Menschheitsgeschichte zurückreicht und die sich im Austausch der Gedanken, Bilder und Worte zu einem globalen Gesamtkunstwerk menschlichen Geistes verknüpft und verdichtet …

Es sollte auf dieser Erde nicht nur ein weltweites Netz sozialer Beziehungen entstehen, eine alle Grenzen zwischen Völkern und Rassen übersteigende Zusammengehörigkeit der Sprachen und Kulturen der Menschheit, eine alle Wirtschaftsräume und Verkehrsströme zusammenschließende Verknüpfung von Waren und Werten, ein alle Kontinente und Ozeane verbindendes Netzwerk von Informationen und Meinungen …

Es soll auf dieser Erde auch eine aus der Beziehung zu Gott kommende und die ganze Menschheit umfassende Weltsphäre des Miteinander und Füreinander entstehen, ein Beziehungsgeflecht der Liebe, das alle Völker und Kulturen, alle Sprachen und Rassen, alle Gesellschaftsformen und Lebensgemeinschaften durchdringt, ein weltweites Leuchtmuster der Mitmenschlichkeit, das inmitten der verfinsterten Gegenwart in aller Unvollkommenheit doch schon erkennbar die gottgewollte Liebeseinheit der Menschheitsfamilie vorabbildet, ein Weltorganismus der Für-Bitte und des Für-Handelns, ein globaler Blutkreislauf geistlicher und materieller Gaben und Hilfen, durch den das eine und alles überstrahlende Bild der Liebe Gottes im Menschsein trotz aller menschlichen Schwächen und Brechungen anschaubar und lebendig wird.

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Bodo Fiebig Grundlagen des Menschseins“, Version 2017-11

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