Bereich: Grundfragen des Lebens

Thema: gut und böse

Beitrag 7: Macht ohne Menschlichkeit (Bodo Fiebig29. Oktober 2022)

Im letzten Buch der Bibel ist von 10 Mächten die Rede, die in der bildhaften Sprache des antiken Orients als 10 „Hörner“ bezeichnet werden (Off 13,1). Immer wieder hat man versucht, in diesen 10 Hörnern aktuell existierende Staaten oder Staatenbündnisse zu erkennen und war dann oft enttäuscht, wenn sich deren Zusammensetzung so veränderte, dass sie nicht mehr zu den biblischen Aussagen passten. Aber vielleicht sind ja auch gar keine staatlich organisierten Mächte gemeint, sondern global agierende Systeme, die die einengenden Grenzen staatlicher Macht längst hinter sich gelassen haben. Im Folgenden nenne ich 10 solcher globalen Mächte unserer Zeit. Um es gleich vorweg zu sagen: Das hat nichts mit Verschwörungstheorien zu tun, mit angeblichen „geheimen Mächten“, die im Hintergrund die Fäden ziehen. Hier geht es um offene und bekannte Mächte, deren Einfluss aber oft unterschätzt wird.

a) Ansammlung, Bündelung und Einsatz von Finanzmacht

Die Finanzmacht steht hier an erster Stelle, weil globale Geldmengen und Finanzströme, die ohne wirtschaftliche oder soziale Verpflichtung eingesetzt und bewegt werden, die größte „Machteffizenzdichte“ aller Machtmittel haben. Sie sind nicht mehr an „Geld” in Form von Scheinen und Münzen gebunden, sondern existieren als „virtuelle“ Zahlen und Größen auf den Konten internationaler Banken. Solche Geldmengen und Finanzströme können als „körperloses“ und damit auch in größtem Umfang leicht handhabbares „Konzentrat“ wirtschaftlichen oder finanztechnischen Handelns sekundenschnell weltweit gelenkt und eingesetzt werden und dabei jedes andere Machtmittel ersetzen bzw. dazukaufen.

Solche Finanzkonzentrationen sind längst zu einer realen Bedrohung der internationalen Finanzmärkte und zu einem Unsicherheitsfaktor der weltweiten Wirtschaftsentwicklung geworden. Reine, unkontrollierbare Finanzmacht, die gar nicht mehr daran interessiert ist, die Geldmittel für wirtschaftliches Handeln zu nutzen, sondern die mit Geld immer nur noch mehr Geld „machen“ und damit reale globale Macht „kaufen“ will, ist eine der unerkannten oder zumindest unterschätzten Bedrohungen für Freiheit und Wohlstand unserer Zeit.

Am „effektivsten“ in ihren destruktiven Auswirkungen ist reine Finanzmacht dann, wenn sie nach außen hin praktisch unsichtbar bleibt und kaum jemand die handelnden Personen kennt. Und genau so ist es gegenwärtig: Globalisierung von Finanzmacht in den Händen unbekannter und unkontrollierbarer Finanzjongleure, die dadurch zu Inhabern globaler Macht werden, von niemandem gewählt, von niemandem kontrolliert und vor niemandem verantwortlich.

b) Ansammlung, Bündelung und Einsatz von Wirtschaftsmacht

Jede Gewinnung von Werten, die für die Durchsetzung von Machtansprüchen eingesetzt werden können, ist irgendwo auch an wirtschaftliches Handeln gebunden. (Wenn auch diejenigen, die solche Werte erwirtschaften meist nicht die Gleichen sind, die diese Werte dann abschöpfen und für ihre Zwecke zum Machtzuwachs und Machterhalt einsetzen.) Wirtschaftsmächte können Menschen in sehr großer Zahl (direkt oder indirekt) von sich abhängig machen und die Lebensbedingungen sehr vieler Menschen und ganzer Länder und Kontinente positiv oder negativ beeinflussen.

Noch nie in den Jahrtausenden der Menschheitsgeschichte gab es so mächtige weltumspannende Unternehmensansammlungen wie heute. Kaum jemand kennt und durchschaut die vielfach verwobenen Strukturen und Abhängigkeiten der internationalen Konzerne und Holdings. Und noch nie gab es so viele ausbeuterische Abhängigkeitsverhältnisse (also moderne Sklaverei in verschiedensten Erscheinungsweisen) wie jetzt im 21. Jahrhundert.

Die Lenker der internationalen Konzerne verstehen sich selbst als „Global Player“ und ihr Tun als „Spiel“ um Erfolg und globale Macht. Tausende von Arbeitsplätzen und die damit verbundenen Menschenschicksale wiegen nicht mehr als eine Figur im globalen „Manager-Schach“. Die Ausbeutung und ökologische Zerstörung ganzer Regionen wird als notwendiger und gerechtfertigter Einsatz im globalen Spiel in Kauf genommen. Den Gewinnern winkt eine (von den nationalen Gesetzen kaum mehr kontrollierbare) Welt-Macht-Position auf Zeit – so jedenfalls im Empfinden der Wirtschaftsbosse. In Wahrheit aber ist die Position vieler Konzernmanager abhängig von jedem Wink der Kapitalseigner, die den Wert und die Strategie der Unternehmen bestimmen.

Der oft exzessive Zukauf immer neuer Firmen zu immer größeren Wirtschaftskonglomeraten dient nicht in erster Linie der Gewinnsteigerung (das hat sich längst als Irrtum erwiesen), sondern vor allem der Vergrößerung und Absicherung von Macht.

c) Aufbau, Absicherung und Einsatz von politischer Macht

Politische Macht ist die sichtbarste und zugleich (jedenfalls in demokratischen Ländern) begrenzteste und angreifbarste Form von Macht. Gewählte Politiker in Staaten mit einer funktionsfähigen demokratischen Verfassung sind ständiger Beobachtung und Kritik ausgesetzt. Sie haben nur eng begrenzte und von den gesetzlich Bestimmungen genau umschriebene Handlungsmöglichkeiten. Gewaltenteilung, eine unabhängige Presse und die Notwendigkeit, sich alle paar Jahre dem unkalkulierbaren Votum der Wähler stellen zu müssen, schränkt ihre Entscheidungsspielräume weiter ein.

Politiker und politische Gruppierungen in vielen (auch in manchen nach außen hin demokratischen) Ländern versuchen deshalb, ihre politische Macht mit weiteren Machtfaktoren zu stärken und abzusichern, z.B. indem sie Verfügungsgewalt über die Medien erlangen, indem sie öffentliche Gelder einsetzen, um sich loyale Gefolgsleute zu erkaufen und um Institutionen, die ihre Machtfülle begrenzen könnten, zu korrumpieren, oder auch, indem sie versuchen, das Militär, die Polizeiapparate und die Rechtsprechung in ihre Gewalt bekommen, bis dahin, dass sie sich mit der kriminellen Macht maffioser Strukturen verbünden.

d) Aufbau, Ausstattung und Einsatz von militärischer Macht

Militärische Macht ist die offensichtlichste und gewalttätigste Form der Machtausübung. Moderne Machthaber halten sie sich im Hintergrund, vor allem zur Absicherung ihrer Machtposition in Krisenzeiten bzw. zur Unterdrückung jeder Art von Opposition, wobei dann oft militärische, polizeiliche und geheimdienstliche Organisationen Hand in Hand arbeiten. Die Machthaber versuchen dabei, die militärischen Strukturen so anzulegen, dass die unwiderstehliche Gewalt der Militärmaschinerie nicht ihnen selbst zur Gefahr werden kann (z.B. durch einen Militärputsch).

Große Rohstoff-, Agrar- und Industriekonzerne halten sich eigene, modern bewaffnete paramilitärische Verbände, die aus internationalen Söldnern und Profi-Killern bestehen, um ihre Interessen (besonders in unruhigen Entwicklungsländern) notfalls mit Gewalt durchzusetzen und abzusichern.

Das Militär als Mittel zur Eroberung und Unterwerfung anderer Länder spielt heute eine geringere Rolle, denn die wirklich Mächtigen unserer Zeit sind an Ländern und Ländergrenzen nicht so sehr interessiert. Die waffenstarrenden Machtsysteme der gegenwärtigen Diktaturen haben sich längst auch mit den modernen Mitteln geistiger Beeinflussung und Überwältigung ergänzt und sind eigentlich nur noch dem überholten Denkmustern ihrer Machthaber geschuldet.

e) Aufbau, Verknüpfung und Einsatz von krimineller Macht

Der Aufbau von weltweit agierende Verbrecherorganisationen, die den globalen Drogenhandel, Waffenhandel, Menschenhandel … kontrollieren, ist die Art und Weise, wie man heute am schnellsten sehr viel Geld verdienen und am direktesten Macht ausüben kann, da sie sich ja nicht durch irgendwelche gesetzliche Einschränkungen in ihrem Vorgehen hindern lassen.

Kriminelle Macht neigt dazu, sich mit jeder Form legaler Machtausübung zu verbünden und zu tarnen. Fast überall, wo in kurzer Zeit riesige Vermögen aufgebaut werden, kann man davon ausgehen, dass eine Verbindung zu kriminellen Machtkartellen besteht. In vielen Regionen der Erde sind die Grenzen zwischen politischer, wirtschaftlicher und krimineller Macht bis zur Unkenntlichkeit verschwommen, sichert das schnelle Geld aus verbrecherischen Systemen insgeheim die öffentlich-legale Macht der wirtschaftlichen oder politischen Führungskräfte.

f) Verfügungsgewalt über Rohstoffe und Energien

Das Erdöl als wesentliche Grundlage der chemischen Industrie und zugleich als Energielieferant Nr. 1 für die gesamte Weltwirtschaft ist das klassische Beispiel für das immense Machtpotential, das in der Verfügungsgewalt über Rohstoffe und Energien liegt. In abgeschwächter Form gilt das aber auch für alle anderen Arten von Rohstoffen und alle Energieträger. Lediglich Sonnen- und Windenergie sind (noch) weltweit frei verfügbar und damit dem ausschließlichen Zugriff der Mächtigen entzogen (ein Grund, warum z.B. die großen Energiekonzerne so zurückhaltend beim Aufbau einer Solar-Wasserstoff-Technologie sind, obwohl diese unbestritten die Energieform der Zukunft darstellt). Die zunehmende Verknappung der Rohstofflager macht die Verteilungskämpfe härter und die Verfügungsmacht der Inhaber von Förderrechten und Abbauanlagen größer. Wenn lohnender Abbau von Rohstoffen und Energieträgern nur noch mit riesigem technischen und finanziellen Aufwand möglich ist (z. B. durch Fracking) , bekommen die wenigen globalen Abbauunternehmen eine weltweite Monopolstellung, denn nur sie haben die finanziellen und personellen Ressourcen, um das zu bewerkstelligen.

In den kommenden Jahren wird der „Rohstoff Wasser“, vor allem in der Form von sauberem Trinkwasser zu einem der begehrtesten und umkämpftesten Ressourcen der Erde werden.

g) Verfügungsmacht über Informations- und Kommunikationsmittel, Verkehrs- und Transportmittel

Wenn sich die wichtigsten Informations- und Beeinflussungssysteme der modernen Mediengesellschaft (Presse, Fernsehen, Internet) in der Hand weniger Anbieter befinden, dann wird aus freien Medien, also einer Kontrollinstanz der Demokratie, die den Mächtigen auf die Finger schauen soll, ein Propagandainstrument in den Händen der Macht.

Immer wieder versuchen politische Parteien, die Kommunikationsmittel und -Wege zu kontrollieren und für die eigenen Zwecke zu instrumentalisieren. Politiker, die gleichzeitig Inhaber von Medienkonzernen sind, können leicht demokratische Spielregeln unterlaufen, weil sie die öffentliche Meinung fast nach Belieben so steuern können, dass sie selbst fast unangreifbar und durch freie Wahlen kaum ablösbar sind.

Ausbeuterische Finanz- und Wirtschaftsmächte, die gleichzeitig auch über weltweite Medienverbünde verfügen, können sich im Bewusstsein von Millionen und Milliarden von Menschen als vertrauenswürdige „Wohltäter“ darstellen und etablieren.

In totalitären Systemen, wo jede öffentliche freie Meinungsäußerung unterdrückt wird, werden die Medien zum wirksamsten Instrument der totalen Macht. Das Internet, ursprünglich das „demokratischste“ aller Informationsmittel, ist unterdessen zum effektivsten Manipulationsintrument mutiert und kann – von oft ahnungslosen Nutzern unbemerkt, als Machtmittel missbraucht werden.

Verstärkt werden solche Entwicklungen durch eine Art Selbstunterwerfung der (offiziell in demokratischen Ländern noch freien) Medien unter die Diktatur des Zeitgeistes. Einerseits gibt es Tabuthemen, die niemand anzufassen bereit wäre, andererseits gibt es vorgestanzte Meinungs-Konturen, die niemand in Frage zu stellen wagt.

Die großen Weltkonzerne der Information (Google, Microsoft, Facebook, Apple …) sind dabei, über jeden Einwohner der Kontinente so viele Daten zu sammeln (nach den einfachen Formeln: Daten = Geld und Daten + Geld = Macht), dass er vor ihren Augen und auf ihren Bildschirmen durchscheinend und durchschaubar wird und damit als Einzelner beeinflussbar bzw. als „Masse“ manipulierbar.

Dann gibt es da noch die geheime Sphäre der Geheimdienste, eine Parallelwelt des Wissens, die der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist. In unvorstellbarem Ausmaß werden (diesseits und jenseits der Grenze der Legalität) Daten gesammelt, Informationen beschafft, gekauft, erschlichen, erpresst …, werden Fehlinformationen gestreut, geheime „Operationen“ geplant und durchgeführt … Freilich stellt sich oft genug heraus, dass die Geheimdienste bei wirklich bedeutenden Entwicklungen das Entscheidende doch nicht gewusst haben oder es aus der Riesenfülle ihrer Daten nicht herauslesen konnten (z. B. als zur „Wende-Zeit“ 1989 die DDR-Führung trotz der Totalüberwachung ihrer Bürger durch die „Staatssicherheit“ von einem Umbruch überrascht wurde, den sie einfach nicht für möglich hielt).

Trotzdem: „Wer hat Zugang zu welchen Informationen, wer kann die Kommunikationsmittel kontrollieren und steuern, wer hat Verfügungsmacht über Transportmittel und Warenströme rund um den Globus?“, das wird eine der entscheidenden Macht-Fragen der Zukunft.

h) Verfügungsgewalt über Fachwissen und Know-how

In einer globalen Gesellschaft, die ihren Informationsaustausch, aber auch die Produktion und Verteilung von Waren und Werten durch immer kompliziertere technische Systeme betreibt, wird der Zugang und die Verfügungsgewalt über technisches Fachwissen immer wichtiger für den Aufbau von finanzieller, wirtschaftlicher, politischer, militärischer und auch krimineller Macht. Wer hat Zugang zu den neuesten Forschungsergebnissen (auch zu denen, die nicht veröffentlicht werden) und deren technischer Anwendung und industrieller Verwertung? Wer verfügt über die effektiveren Systeme in der militärischen Ausrüstung, in der industriellen Fertigung, in der Organisation der internen Abläufe, wer kann z. B. schneller auf neue Herausforderungen reagieren, die Polizei oder die organisierte Kriminalität? Das sind nur einige der Fragen, die dabei anstehen.

Die mit ungeheuren Druck forcierte Geschwindigkeit der technischen Entwicklung hat durchaus Methode und ihren Zweck. Sie erlaubt es nur den finanzkräftigsten Systemen, die sich die neueste Technik und auch die jeweils entsprechenden Fachleute leisten können, immer auf der Höhe der Zeit zu sein. Je schneller man die Entwicklung vorantreibt, desto mehr reduziert sich der Kreis derer, die davon profitieren, auf die ganz wenigen ganz großen Nutzer und Anbieter von Hochtechnologie, die dadurch nach und nach eine monopolartige Machtstellung erlangen.

i) Verfügungsgewalt über Rechtssysteme und Rechtsmittel

Die Macht von Menschen über Menschen wäre erst dann komplett, wenn sie selbst das geltende Recht nach ihren Bedürfnissen verändern und gestalten könnte. Erst wenn jeder Befehl der Mächtigen sofort und automatisch geltendes Recht wird, das von den „Rechtsorganen“ des Gemeinwesens fraglos vollzogen und exekutiert wird, erst dann ist ein Machtsystem vollkommen. Alle totalitären Systeme der Vergangenheit haben dies angestrebt und mehr oder weniger exzessiv für ihre Zwecke genutzt.

Die krassesten Beispiele dafür waren die Justiz im sogenannten „Dritten Reich“ in Deutschland unter Hitler oder in der Sowjetunion unter Stalin oder in China unter Mao. Die „Rechtsprechung“ wurde selbst zu einem wesentlichen Teil des Unrechtssystems. Freilich war dessen Macht jeweils geografisch begrenzt. Wenn nun aber eine globale Macht zu solcher Machtfülle gelangte, dann bliebe den Millionenheeren von Dienstsklaven in den Fängen der Macht kein Ausweg mehr: Es gäbe kein Land mehr auf dieser Erde, in das sie fliehen könnten, und es gäbe kein Recht mehr, dass ihnen beistehen könnte, wenn die Macht sich ihrer bemächtigt, denn das Recht wäre selbst zur gefälligen Dienerin der Macht verkommen. Globale Organisationen können heute ohne „materielle” Machtmittel, allein durch die Manipulation des Rechts umwälzende Veränderungen initiieren und erzwingen, auch wenn die Völker der Welt sie gar nicht wollen.

Wen mag es da wundern, dass jedes System, das seine Machtansprüche verabsolutieren will, genau das anstrebt: sich das Recht verfügbar zu machen? Am einfachsten geschieht das, indem man die Organe, die eigentlich dazu da sind, das Recht zu schützen und durchzusetzen, „unfunktioniert“ zum Machtmittel in den Händen der Mächtigen. Zuerst ist es „nur“ eine unscheinbare, nach außen fast unsichtbare Abteilung der Polizei (wie sie dann auch heißen mag: Geheimdienst, Geheimpolizei, Gestapo, Stasi …), der man das „Recht“ zugesteht, auch außerhalb des geltenden Rechts zu operieren. Am Ende steht ein System, in dem alles und jeder unter der Beobachtung der „Sicherheitsorgane“ steht, gegen deren Zugriff es keinen Rechtsschutz mehr gibt.

Ein Beispiel für den Missbrauch des Rechts sind heute internationale Lebensmittel- und Saatgut-Konzerne, die sich bestimmte nutzbare Pflanzen und Tiere „patentieren“ lassen. Sie streben an, das „Recht“ auf Lebensformen, die zur Produktion von Lebensmitteln geeignet und notwendig sind, immer lückenloser in ihre Hände zu bekommen, so dass schließlich weltweit kein Bauer mehr säen und ernten darf, kein Viehzüchter mehr ein Tier im Stall oder auf der Weide halten darf, ohne das Recht dazu den Konzernen abkaufen zu müssen. Das aber bedeutet, dass die künftige Welternährung von den Entscheidungen weniger global agierender Konzerne abhängt, deren Leitung niemand gewählt hat, deren Namen kaum jemand kennt und die niemanden verantwortlich sind als nur den anonymen Geldgebern und Investoren. Und das alles im Namen eines pervertierten „Rechts“.

Noch folgenschwerer wird der Missbrauch des Rechts dann, wenn internationale Institutionen, ausgestattet von den großen Daten-Konzernen und deren „Wohltätigkeits“-Stiftungen mit fast unbegrenzten Ressourcen an Daten und Geld Einfluss nehmen auf die Rechtsprechung der Länder und der internationalen Rechtsträger (z. B. UNO, EU, WTO usw.)

j) Aufbau, Steuerung und Nutzung ideologischer und religiöser Überzeugungen als Stütze und Rechtfertigung von Macht

Die dauerhaftesten und unangreifbarsten Machtsysteme sind diejenigen, die religiös oder ideologisch begründet werden. Sie überdauern oft Jahrhunderte. Ideologisch oder religiös begründete Machtsysteme sind auch meist die totalitärsten. Denn jede Opposition gegen die Mächtigen kann dort als Widerstand gegen das absolut Gute (die Ideologie) oder gegen das absolut Wahre (die Religion) interpretiert werden. Jeder Kritiker der Machthaber ist nun ein „Feind des Guten“, der nicht nur Böses tut, sondern in sich gänzlich böse ist. Nur mit solcher Rechtfertigung sind die Anhänger und Mitläufer der Mächtigen bereit, auch den unmenschlichsten Befehlen blind zu gehorchen. Solange sich die Machthaber als Stellvertreter und Sachwalter des absolut Guten und Wahren darstellen können, ist ihre Position unangreifbar.

Nachdem man am Ende des 20. Jahrhunderts für eine Weile glaubte, Religionen und Ideologien würden im 21. Jahrhundert immer mehr an Bedeutung verlieren, erleben wir nun eine Renaissance ideologisch bzw. religiös (oder pseudo-religiös,) begründeter Machtsysteme. Zunehmend und immer radikaler werden ideologisch oder religiöse Überzeugungen bewusst als Stütze von Machtpositionen und Rechtfertigung von Unterdrückung und Gewalt instrumentalisiert. Fanatische Überzeugungstäter sind eben viel leichter manipulierbar und vielseitiger einsetzbar als jede andere Art von Untertanen.

Aber nicht nur klassische Religionen werden in solcher Art als Machtinstrumente genutzt, sondern auch neue Bewegungen, die ihre auf Ausbeutung, Gewinn und Macht angelegten Strukturen und Aktivitäten als „Religionsausübung“ tarnen und damit unangreifbar zu machen versuchen.

Noch einmal: Für alle diese Faktoren globaler Macht gilt, dass sie nicht mehr an staatliche Strukturen und Grenzen gebunden sind. Es sind weltumspannende Systeme, die weltweit agieren, und die sich der Mittel staatlicher Macht nur dann noch bedienen, wenn das vorübergehend nützlich scheint.

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