1 Die biologische Bedeutung der Zweigeschlechtlichkeit
Die Zweigeschlechtlichkeit alles höher entwickelten Lebens ist eine der großartigsten Erfindungen der Natur; oder anders ausgedrückt: eines der größten Geschenke des Schöpfers an das Leben. Es ist ja kein Zufall, dass alle komplexen Lebensformen sich durch die Kombination von zwei Sätzen von Erbinformationen (also durch Sexualität) fortpflanzen. Einfachste Lebensformen, Bakterien z. B., pflanzen sich hingegen ausschließlich durch Zellteilung fort. Das ermöglicht eine explosionsartige Vermehrung in Form einer exponentiellen Steigerung: 1-2-4-8-16-32-64-128-256-512-1024-2048 …, ein paar Schritte weiter geht es schon in die Millionen und Milliarden. Da macht es nichts aus, wenn einzelne Zellen durch zufällige Mutationen geschädigt werden (zufällige Mutationen sind fast immer schädlich für das betreffende Lebewesen, denn Mutationen sind ja Störungen im Ablauf der Vererbung, da kann man nicht erwarten, dass die etwas Positives bewirken). Den Bakterien schadet das aufs Ganze gesehen kaum, es sind ja immer genug gesunde Zellen da.
Allerdings können in sehr seltenen Ausnahmefällen solche Mutationen auch Vorteile für die jeweilige Lebensform bringen, indem sie eine bessere Anpassung an die Umweltgegebenheiten ermöglichen. Je höher die Anzahl der einzelnen Organismen in einer bestimmten Population sind, desto wahrscheinlicher werden auch solche (eigentlich sehr, sehr seltenen) „positiven“ Mutationen (positiv für das Bakterium, nicht für den Menschen, der davon befallen ist).
Eine Rechnung mit vereinfachten Zahlen, die nicht die tatsächlichen Größenverhältnisse wiedergeben, soll das veranschaulichen: Nehmen wir an, von einer Billion* (das sind Tausend Milliarden) Bakterien erlebt nur jede Tausendste eine Mutation. Das wären dann 1 Milliarde Mutationen, und alle diese Mutationen wären für die betroffenen Bakterien negativ, so dass sie nicht optimal vermehrungsfähig wären. Das wäre nicht schlimm für die Bakterien, denn es blieben ja 999 Milliarden vermehrungsfähige übrig. Aber bei einer einzigen unter der einen Milliarde Mutationen würde sich diese zufällige Mutation so auswirken, dass sie die Vermehrungschancen dieser Zelle erhöht **. Nochmals: Die Wahrscheinlichkeit, dass sich zufällige Mutationen für eine Lebensform positiv auswirken, ist wirklich sehr, sehr gering. Aber, diese eine Mutation (in einer von 1 Billion Zellen!) würde die betroffene Zelle so verändern, dass sie sich noch besser und schneller vermehren kann. Dann würde diese eine Zelle sich so schnell vermehren, dass sie ihre Herkunftsvariante nach und nach völlig verdrängen könnte.
*Zum zahlenmäßigen Vergleich: Die Darmflora eines einzigen erwachsenen Menschen z. B. enthält bis zu 100 Billionen Bakterien, die alle nicht zum eigenen Körper gehören, weil sie eine fremde DNA haben, die er aber trotzdem unbedingt zum Leben braucht.
**Dass ich hier bei der Betrachtung von statistischen Wahrscheinlichkeiten von „Zufällen“ rede, schließt nicht aus, dass hinter der Unzahl von „Zufällen“, die in jeder Sekunde unseres Lebens um uns her stattfinden, in der Gesamtheit ihrer Auswirkungen der Wille Gottes steht, auch wenn wir im Einzelfall diese Auswirkungen nicht erkennen und ihr Zusammenwirken nicht verstehen können.
Das erleben wir gerade bei den „Corona-Viren“ (obwohl die Vermehrung der Viren noch ganz anders verläuft, aber die Massen-Effekte sind die gleichen): Je mehr Menschen das Virus in sich tragen und je größer dadurch die bloße Zahl der Viren wird (und auch hier handelt es um riesige Zahlen), desto höher wird die Wahrscheinlichkeit, das einzelne Mutationen entstehen, die das Virus noch resistenter gegen Impfungen und Arzneimittel machen. Deshalb muss man, wenn man die Gefahr von gefährlichen Mutationen verringern will, die Zahl der Virusträger verringern (z. B. durch impfen). Das hat etwas mit Mathematik in der Biologie zu tun, nichts mit „Verschwörungen böser Mächte“.
Viren, Bakterien und andere wenig komplexe Lebensformen, organisieren ihr Überleben und ihre Vermehrung einfach über irrsinnig große Zahlen. Die einzelne Bakterie ist dabei völlig ohne Bedeutung. Gott (JHWH) aber wollte (wenn wir die biblische Botschaft ernst nehmen), dass das Leben auf dieser Erde eine bestimmte Lebensform hervorbringt (den Menschen), die für ihn zum „Eben-Bild“ und zum Gegenüber seiner Liebe werden soll. Das wäre aber nur möglich, wenn nicht nur die große Zahl Bedeutung hätte, sondern auch das Leben jedes einzelnen Individuums. Liebe ist immer individuell (ich und du), nie mathematisch fassbar als statistische Zufalls-Wahrscheinlichkeit.
Das, was bei einfachen Lebensformen die große Zahl leistet (nämlich die Lebensform trotz schädlicher Mutationen am Leben zu halten), das erreicht die Schöpfung bei komplexeren Lebensformen (also z. B. bei einem Gänseblümchen oder einer Maus) durch Sexualität: Neues Leben entsteht durch die Kombination von zwei Sätzen von Erbinformationen. Das gilt für alle höher entwickelten Tier- und Pflanzen-Arten, einschließlich des Menschen. Wir sehen: Gott, der Schöpfer, schafft den Menschen (biologisch gesehen) nicht als herausgehobenes Sonder-Dasein (biologisch gesehen ist der Mensch ein intelligentes Säugetier), sondern er passt das Menschsein in das Gesamtgefüge des Lebens ein, um es dann von dort aus in eine einzigartige Rolle und Verantwortung zu berufen (siehe das Thema „sein und sollen“), (siehe auch weiter unten den Abschnitt „Mann und Frau“).
Durch die sexuelle Fortpflanzung stehen für jedes Individuum der nächsten Generation zwei komplette Erbinformationen zur Verfügung (die mütterliche und die väterliche). Störungen im Erbgut von Individuen (z. B. durch Erbkrankheiten oder durch aktuelle Mutationen, die sich ja fast immer negativ auswirken) die können (da sie vor allem rezidiv, also nachrangig vererbbar sind) durch das entsprechende gesunde Erbgut des Sexualpartners ausgeglichen werden, einfach, indem die Natur für die Vererbung bevorzugt die gesunde Variante auswählt (nicht weil die „Natur“ das für gut hält, die Natur hat keine Vorlieben oder Abneigungen, sie folgt einfach den ihr vorgegebenen Gesetzmäßigkeiten, sondern weil gesunde Gene sich besser vererben). So entstehen (ganz überwiegend) gesunde Individuen, nun aber nicht durch die Wucht der großen Zahl, sondern durch die vorbeugend ausgleichende Wirkung der Sexualität.
Wir können nun mehrere Auswirkungen von sexueller Fortpflanzung erkennen:
- Sexualität ist Voraussetzung für biologische Komplexität: Nur einfachste Lebewesen (z. B. Bakterien) können sich dauerhaft ungeschlechtlich fortpflanzen (und sogar die praktizieren manchmal einen Austausch von Geninformationen durch „horizontalen Gentransfer“), etwas komplexere Lebewesen (auf noch sehr niedrigem Niveau), brauchen schon Zwischenphasen zweigeschlechtlicher Vermehrung. Alle komplexeren Lebensformen im Tier- und Pflanzenreich können nur durch die Vereinigung von weiblichen und männlichen Erbinformationen eine nächste Generation hervorbringen (das Klonen von Pflanzen und Tieren ist hier, um die Sache nicht unnötig zu komplizieren, nicht einbezogen). Das bedeutet: Ohne Sexualität wäre die Entwicklung des Lebens auf dieser Erde über den Stand der Einzelligkeit nicht weit hinausgekommen. Und ganz gewiss gäbe es kein Lebewesen, dem man irgendeine Form von Individualität zuschreiben könnte. Ohne Sexualität gäbe es auf dieser Erde nur die alles überwältigende Menge sehr primitiver identischer Massenorganismen.
- Sexualität ist auch Voraussetzung für genetische Stabilität (dadurch, dass schädliche Mutationen durch gesunde Gene des Partners ersetzt werden können, siehe oben). Wir kennen ja auch das Phänomen, dass bei fortgesetzter Inzucht, also bei zweigeschlechtlicher Fortpflanzung durch Sexualität von nahen Verwandten (bei Menschen, aber auch bei höher entwickelten Tieren) die jeweils nächste Generation mit immer mehr Erbkrankheiten und Fehlentwicklungen aufwächst. Das kommt daher, dass bei nahen Verwandten die Wahrscheinlichkeit zunimmt, dass beide Sexualpartner die gleichen Gendefekte in ihrem Erbgut tragen, so dass sie nicht durch gesunde Erbanlagen des Partners/der Partnerin ausgeglichen werden können. Genetische Stabilität erreichen wir durch zweigeschlechtliche Vermehrung von zwei nicht nahe verwandten Individuen. Das heißt aber umgekehrt: Ohne Sexualität wäre jede komplexe Form von Leben schon längst an ihren angesammelten und immer weiter vererbten Gendefekten ausgestorben.
- Sexualität ist auch Voraussetzung für persönliche Variabilität und Individualität. Nachfolgegenerationen, die durch Zellteilung entstehen, sind genetisch (abgesehen von Mutationen) absolut identisch mit ihrer Elterngeneration. Bei der sexuellen Vermehrung dagegen werden bei der Vereinigung von Ei-Zelle und Samen-Zelle die Erbanlagen der Eltern immer neu gemischt. Das geschieht über sogenannte Allele, also Varianten innerhalb der gleichen Gene (da gibt es z. B. bei den Genen, die für die Augenfarbe zuständig sind, ein Allel für blaue Augen oder braune …, und bei der Haarfarbe eines für blonde Haare oder schwarze usw.), so dass auch innerhalb von stabilen Familien (also bei mehreren Kindern der gleichen Eltern) jedes Kind ein Individuum ist (Ausnahmen sind eineiige Zwillinge, Drillinge …). Durch die „Erfindung“ der Sexualität gelingt es der Schöpfung, zwei sehr widersprüchliche „Wünsche“ zu vereinen: Stabile Abstammungs- und Lebensgemeinschaften (Familien), in denen trotz der genetischen Nähe eine große Bandbreite an Variabilität möglich ist. Das können wir so deuten (wenn es um das Handeln Gottes geht, können wir ja nichts „beweisen“, sondern nur Deutungsversuche machen), dass Gott stabile Familien will (Mutter, Vater und deren gemeinsame Kinder) und er deswegen die sexuelle Fortpflanzung so ausgestaltet, dass auch in Familien mit einer stabilen Paar-Beziehung der Eltern jedes einzelne ihrer Kinder ein unwiederholbares Individuum sein kann.
Wir erkennen, welche großartige „Erfindung“ des Schöpfers die Zweigeschlechtlichkeit mit Sexualität ist. Freilich ist das bis hierher nur eine biologische Erklärung (die Bedeutung der Sexualität als Beziehung muss noch folgen). Aber so viel können wir schon sagen: Ohne Sexualität gäbe es (wenn überhaupt) nur ganz primitive Formen des Lebens auf dieser ganzen Erde.
Alle Beiträge zum Thema "Generationen und Geschlechter"
- Die Generationen-Folge 1: Der Anfang
- Die Generationen-Folge 2: Phasen des Lebens
- Beziehungen zwischen den Generationen
- Geschlechter 1: Die biologische Bedeutung der Zweigeschlechtlichkeit
- Geschlechter (2): Das Rechte und das Richtige
- (3): Geschlechtliche Zuordnung und sexuelle Orientierung
- Mann und Frau 1: Gaben und Aufgaben
- Mann und Frau 2: Biblisches Menschenbild
- Mann und Frau 3: Das Zeichen der Liebe
- Der Segen