Nun bleibt uns die Frage vom Anfang (siehe Beitrag 1 „Am Anfang“): Ist diese Welt etwas zufällig Gewordenes (also etwas Sinnloses und Zielloses) oder ist sie etwas bewusst Geschaffenes (also etwas Sinnvolles und Zielgerichtetes)? An der Antwort auf diese Frage entscheidet sich alles, denn beide Vorstellungen haben weitreichende Folgen für unser Leben, Reden und Handeln.
Mit menschlichen Mitteln beweisen kann man weder das Eine noch das Andere. Selbstverständlich kann man jetzt beginnen und alle Negativentwicklungen in der Geschichte der Christenheit aufzählen um zu beweisen, dass die Christen auch nicht besser sind als alle anderen. Und da gäbe es ja auch vieles zu nennen. Aber selbst, wenn das alles so stimmen würde, was man heute der Christenheit anlastet*, ginge es doch hier um etwas ganz anderes: Es geht um die Frage, auf welcher Grundlage und mit welcher Zielausrichtung wir heute und morgen ein menschenwürdiges und menschenfreundliches Miteinander der globalen Menschheitsfamilie gestalten können.
*siehe z. B. „Der Skandal der Skandale“ von Manfred Lütz, Herder-Verlag 2018
Sicher, man kann den Sinn (oder die Sinnlosigkeit) der Schöpfung nicht „beweisen“, aber man kann die Konsequenzen beschreiben, die in beiden Grundeinstellungen liegen: Wenn diese Welt etwas zufällig Gewordenes ist, so ist jedes Leben auf dieser Erde (ob Pflanze, Tier oder Mensch) nur sich selbst verpflichtet und der Erhaltung und Fortpflanzung seiner Art, dann sind der (persönliche und kollektive) Selbsterhaltungstrieb im „Kampf ums Dasein” und das Streben nach Erfolg, Besitz und Macht im „Kampf um die besten Plätze” die einzig gültigen Handlungsmotive, dann sind Begriffe wie gut und böse, recht und unrecht irrelevant (siehe die Themen „gut und böse” und „Die Ethik des Atheismus”). Dann ist es selbstverständlich und richtig, wenn auch unter den Menschen der Stärkere, Aggressivere gewinnt und lebt und der Schwächere, Friedlichere verliert und stirbt. (Das war im Kern die Ideologie des „Nationalsozialismus“ in Deutschland 1933-45. Adolf Hitler schreibt in seinem programmatischen Buch „Mein Kampf“ über weite Passagen von nichts anderem.)
Wenn aber diese Welt etwas bewusst Geschaffenes ist (und etwas bewusst von der Liebe Geschaffenes), dann kann die Berufung des Menschseins als „Bild der Liebe Gottes im Geschaffenen” unserem Leben und Handeln einen Sinn geben, der diese Welt zu einem Ort des (möglichen, wenn auch immer gefährdeten) Friedens macht.
Für den (biblisch) Glaubenden ist die Entscheidung schon gefallen. Für den Nicht-Glaubenden aber liegt das Entscheidungs-Kriterium in der Frage nach den Konsequenzen: „Welche von diesen beiden Grundannahmen (ist die Welt etwas zufällig und sinnlos Gewordenes oder etwas bewusst und sinnvoll Geschaffenes?) ergibt in der Konsequenz für das Leben und das Zusammenleben der Menschen die besseren Rahmenbedingungen, die menschenwürdigere Grundlage”? Wir müssen uns entscheiden (ob wir wollen oder nicht; denn wenn wir uns nicht selbst entscheiden, werden wir als willenlose „Masse“ von den Entscheidungen der anderen „mit-entschieden“). Wir müssen uns entscheiden und von dieser Entscheidung wird abhängen, ob und wie wir und die uns nachfolgenden Generationen leben können.
In den beiden folgenden Beiträgen „Die progressive Weltformel“ und „Die Sinngeschichte des Universums“ werden die Aussagen der Beiträge 1 bis 10 noch einmal aufgegriffen und (zum Teil grafisch dargestellt) zusammengefasst.